1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Tagebau von Romonta: Tagebau von Romonta: Abraumbagger hat sich dicht an Unterröblingen herangeschoben

Tagebau von Romonta Tagebau von Romonta: Abraumbagger hat sich dicht an Unterröblingen herangeschoben

Von Wolfram Bahn 28.06.2016, 14:40
Blick über den Tagebau von Amsdorf zum Kupferhammer mit dem riesigen Abraumbagger und Unterröblingen im Hintergrund.
Blick über den Tagebau von Amsdorf zum Kupferhammer mit dem riesigen Abraumbagger und Unterröblingen im Hintergrund. Jürgen Lukaschek

Röblingen - Wehmütig schaut Marcel Grimmer zu dem schwarzen Loch hinüber. „Da habe ich meine Kindheit verbracht“, sagt der heute 37-Jährige. Auf dem Sportplatz, der bis vor kurzem an dieser Stelle lag, spielten die Kinder aus Unterröblingen Fußball. Dort traf sich die Dorfjugend, um zu „chillen“, wie das Abhängen jetzt heißt. „Und dort habe ich mein erstes Kind gezeugt“, fügt er schmunzelnd an. Der Hang nebenan diente im Winter als Rodelhügel. Doch der Großteil davon ist verschwunden, seitdem die Romonta GmbH den Kohleabbau am Kupferhammer ins Auge gefasst hat.

Täglich 1.200 Kubikmeter Erde

Vor anderthalb Jahren hat der fast 2.000 Tonnen schwere Abraumbagger 1447 seine Arbeit in diesem Teil des Tagebaus aufgenommen. 1.200 Kubikmeter Erde „schrubben“ seine mächtigen Schaufeln jeden Tag weg. Und das rund um die Uhr in drei Schichten. Immer, wenn er die obere Deckschicht erreicht, stöhnen die Anwohner in der Geschwister-Scholl-Straße auf. „Dann haben wir kaum Ruhe“, beklagt Harry Brodalla.

Sein kleiner Garten grenzt unmittelbar an die Schienen der Bahnstrecke Halle-Kassel. Ein Stück weiter ragt der Ausleger des Baggers über die Kante des Tagebaus. Jedes Mal, wenn der anfährt, ertönt ein lauter Piepton. „Das nervt ganz schön“, sagt der Rentner, der früher selbst im Tagebau gearbeitet hat. Und der damals nicht ahnen konnte, dass er im Ruhestand seinen früheren Arbeitgeber einmal verfluchen sollte.

Bagger erleuchten nacht taghell

Nicht gut auf Romonta zu sprechen ist auch eine Frau, die seit 1982 in Röblingen II, wie der Ort früher hieß, wohnt. Wegen des Krachs hat sie sich jetzt Lärmschutzfenster einbauen lassen. Für schlappe 8.000 Euro „Ich brauche trotzdem Ohrstöpsel, um einschlafen zu können“, sagt sie. Nicht minder stört sie, dass es in der Straße auch nachts fast taghell ist. Weil der Bagger mit Hunderten Lampen ausgerüstet ist, die wegen ihrer starken Leuchtkraft bis in die Fenster der Anwohner scheinen.

Ohne Jalousien kommt da kaum einer aus, wenn er es zum Schlafen dunkel haben will. Dazu kämen die vielen Schwerlaster und Güterzüge, die nachts durch den kleinen Ort an der L 175 rollen, so die Klagen.

Bei Romonta lösen die quietschenden Geräusche des Baggers andere Gefühle aus. Nach einem folgenschweren Erdrutsch vom Januar 2014 sind die Bergleute des weltgrößten Rohmontanwachsherstellers froh, dass es in der Grube weitergeht. Immerhin war fast der gesamte Südhang abgerutscht und hatte auch schwere Tagebautechnik unter sich begraben. Zum Glück ist keinem was passiert.

Krach, Licht, Staub und Dreck

Da hat man auch in Unterröblingen aufgeatmet. Und dennoch: Nicht nur der Krach und das Licht, auch Staub und Dreck des Grubenbetriebs machen den Leuten zu schaffen. Sie müsse ihren Pool ständig abdecken, sagt eine andere Frau. Ihr Mann arbeitet bei Romonta, daher will sie ihren Namen nicht nennen. Sie befürchtet Unannehmlichkeiten für ihn in der Firma.

Das kann Tom Naundorf, der Geschäftsführer Technik des Unternehmens, so nicht stehen lassen. Man setze niemanden unter Druck, wehrt er alle Vorwürfe dieser Art vehement ab. Im Gegenteil. Romonta sei offen für Hinweise und Kritiken, sagt er. Schließlich habe man mit den Baggerfahrern auch abgesprochen, die Signale nur so oft einzusetzen, wie es technologisch nötig ist. Man habe außerdem begonnen, eine Lärmschutzwand aufzuschütten, so der Ingenieur mit dem Doktortitel.

Wichtiger Industriestandort im Mansfelder Land

Er räumt ein, dass jeder Tagebaubetrieb auch mit Belastungen für Mensch und Umwelt verbunden sei. Doch es gehe auch um die Zukunft eines wichtigen Industriestandortes im Mansfelder Land. Mehr als 400 Leute aus der Region verdienen dort das Geld, um ihre Familien zu ernähren. „Und ich denke, wir haben ausgewogene Lösungen gefunden“, erklärt Naundorf. Rückendeckung erhält er dabei von Rüdiger Steinhoff, dem Ortsbürgermeister von Röblingen.

Nach dessen Worten wurde im Vorjahr rechtzeitig mit den betroffenen Einwohnern über das Vorhaben gesprochen. „Ich habe jeden Hausbesitzer ins Dorfgemeinschaftshaus eingeladen und ihm persönlich die Pläne von Romonta erläutert“, so Steinhoff. Er selbst hat dort 47 Jahre in der Wachsfabrik gearbeitet, ehe er 2014 in Rente gegangen ist.

So kennt er auch die Erfordernisse des Unternehmens, „die wir versucht haben, mit den Befindlichkeiten und Sorgen der Anwohner in Einklang zu bringen“, berichtet er. So wurde der Abstand von der Bahnlinie zum Tagebau auf 80 Meter verdoppelt. Und regelmäßig kommen Vermesser, die an den Häusern prüfen, ob sich wegen des niedrigeren Grundwasserspiegels Senkungserscheinungen zeigen. „Bisher haben wir nichts festgestellt“, beteuert Steinhoff, der etwas weiter weg von der Grube in einer Straße hinter einem gewachsenen Grüngürtel wohnt. (mz)

Die Anwohner leiden auch unter den vielen Schwerlastern.
Die Anwohner leiden auch unter den vielen Schwerlastern.
Lukaschek
Ein Messpunkt am Haus von Rüdiger Steinhoff.
Ein Messpunkt am Haus von Rüdiger Steinhoff.
Lukaschek