Sanierung beginnt Sanierung beginnt: Seltener Fund: Archäologen entdecken 110 Münzen in Nicolaikirche
Eisleben - Schutt aus mehreren Jahrhunderten hat ein Archäologen-Team in den vergangenen Wochen in der Eisleber Nicolaikirche ausgegraben und durchgesiebt. Dabei ist ein wahrer Schatz ans Licht gekommen: insgesamt 110 Münzen aus dem 14. bis 19. Jahrhundert. „In Kirchen findet man natürlich immer mal Münzen“, sagt der Archäologe Ulf Petzschmann.
„Aber in dieser Menge war das schon selten und überraschend“, so der Grabungsleiter. Petzschmann ist Vorsitzender des Anhaltischen Fördervereins für Naturkunde und Geschichte, der im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie arbeitet.
Innensanierung der Nicolaikirche hat begonnen
Mit der jetzt abgeschlossenen Grabung hat die Innensanierung und Umgestaltung der Nicolaikirche begonnen. Bis 2021/22, so die Planung, werden ein sogenanntes Kolumbarium - eine Urnen-Anlage - sowie ein Archiv der Kirchengemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Eisleben-Sömmerda entstehen.
Die St. Nicolaikirche geht auf eine im 12. Jahrhundert errichtete Kapelle zurück, die den Heiligen Godehard und Nicolaus gewidmet war. Bis ins 15. Jahrhundert führte die Kirche auch noch beide Namen. 1426 begann der Neubau der heutigen Kirche. Zunächst wurde der Chor fertiggestellt; Turm und Schiff wurden später erbaut. Beim großen Stadtbrand 1601 blieb die Nicolaikirche verschont.
1910 wurde sie unter Leitung des Architekten Georg Kutzke letztmals umfassend restauriert. Seit 1931 gab es kaum noch Reparaturen; der Verfall setzte ein. 1973 musste die Kirche von der Gemeinde aufgegeben werden. Das Inventar wurde in andere Kirchen gebracht.
1988 gründete sich auf Initiative von Pfarrer Ingo Rockmann die Bürgerinitiative „Rettet die Nicolaikirche“, aus der 1990 das Kuratorium St. Nicolai wurde. Vor allem dank des Einsatzes von Zimmerermeister Georg Rehklau aus Memmingen gelang die Rettung der Kirche. Außer dem Dach konnten über die Jahre mehrere Fenster erneuert werden. (jm)
Petzschmann und seine Kollegen haben im Bereich der westlichen Mauer des Kirchenschiffs gegraben. Dort stehen derzeit noch Emporen, die aber abgerissen werden. Denn an dieser Stelle wird das neue Archiv in die Kirche hineingebaut.
Es wird sich über die gesamte Breite der Kirche erstrecken und zwei Etagen sowie einen Leseraum umfassen. Wie der Archäologe sagt, sind bei der Grabung unter anderem Reste von Mauern und Holz gefunden worden. Diese dürften von Grüften stammen, die wohl bei einer größeren Baumaßnahme im 19. Jahrhundert abgetragen worden seien, so Petzschmann.
Abriss der Empore in Eisleber Nicolaikirche geplant
Generell habe es in Kirchen immer an mehreren Stellen Grüfte gegeben. Die Grabung werde nun dokumentiert; die Funde kommen zur Untersuchung und Deponierung ins Landesamt. „Es sind sehr schöne Münzen dabei.“
Laut Superintendent Andreas Berger wird nun der Abriss der Emporen beginnen. Lediglich eine Empore im Seitenschiff werde stehen bleiben. Im Anschluss werden die Wände und Gewölbe verputzt und gemalert. Diese Arbeiten, die circa 400.000 Euro kosten, werden aus dem europäischen Leader-Programm sowie mit Eigenmitteln des Kirchenkreises und der Kirchengemeinde finanziert.
Mit Leader-Mitteln ist bereits die Dachsanierung im vergangenen Jahr gefördert worden. Noch nicht gesichert sei die Finanzierung der Erneuerung der Elektro- und Lichtanlage, des Fußbodens, der restlichen Fenster sowie des Mobiliars. Der Rohbau für das Archiv soll im kommenden Jahr errichtet werden. Wegen der schwierigen Bodenverhältnisse werde dafür eine aufwändige Gründung mit Betonpfählen notwendig sein, sagt der Superintendent.
Archiv in der Nicolaikirche soll künftig historische Akten und Unterlagen beherbergen
In dem Archiv, das der Kirchenkreis ohne Fördermittel baut, werden künftig historische Akten und Unterlagen der Kirchengemeinden (bis 1918) aufbewahrt. Diese werden bislang oft unter unzureichenden klimatischen Bedingungen gelagert. Außerdem soll dann auch das noch nicht erschlossene Archivgut systematisch aufgearbeitet werden. „Wir werden hier circa 1.500 bis 1.800 laufende Meter Akten haben“, so Berger.
Für das Kolumbarium - es wird in Sachsen-Anhalt das erste in einer Kirche sein - seien maximal etwa 1.400 Urnen-Plätze geplant. Es werde Urnen-Schränke geben, die im Kirchenschiff verteilt stehen. „Uns ist wichtig, dass man noch möglichst viel vom Kirchenraum sieht“, so Berger. Die Gestaltung werde eng mit der Denkmalpflege abgestimmt.
Im Altarraum werden Bänke stehen - für Trauerfeiern und zum stillen Gedenken. Die Asche der Verstorbenen wird auch nach dem Ablauf der Ruhezeit, die wie auf einem Friedhof gilt, in der Kirche bleiben - in einem sogenannten Aschebrunnen.
Bestattung in der Kirche? - Urnenanlage in Nicolaikirche entsteht
„Es hat schon Anfragen gegeben“, so der Superintendent. Die Bestattung in dem Kolumbarium könne zum Beispiel für ehemalige Eisleber aus Verbundenheit zu ihrer Heimat oder zu der Kirche interessant sein. Generell werde diese Möglichkeit jedem offenstehen - ob Eisleber oder Auswärtiger, Christ oder Nichtchrist.
Die Kirche werde Öffnungszeiten haben. Angehörige werden mittels eines Schließsystems das Kolumbarium auch außerhalb dieser Zeiten besuchen können.
Das Inventar der Kirche ist vor mehr als 40 Jahren - bis auf die Kanzel, einige Grabmale und Gefallenentafeln - in andere Kirchen gebracht worden. Dort werde es auch bleiben, so Berger. Nur ein großes Kruzifix soll aus der Andreaskirche zurückkehren. Der Altar befindet sich heute in der Petrikirche, die Orgel in der Stadtkirche Artern. (mz)