Premiere der "Sonnenallee" Premiere der "Sonnenallee": Ensemble rockt das Eisleber Theater

Eisleben - Vorn singt ein neunköpfiger Chor den T. Rex-Klassiker „Get It On“, hinten rockt die Live-Band, und oben drüber drehen sich zwei spezielle Discospiegel: die Fernsehturm-Kugel und Hammer und Zirkel aus dem DDR-Wappen. Mit diesem grandiosen Bild endet das Stück „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“, das am Samstag im fast ausverkauften Großen Saal des Eisleber Theaters Premiere hatte.
Das Publikum, das von Anfang an immer wieder Szenenapplaus gegeben hat, feiert das Ensemble um den Intendanten und Regisseur Ulrich Fischer lautstark und ausdauernd. Und das völlig zu Recht. Mit leichter Hand und viel Humor, der aber nie platt ist, hat Fischer ein unterhaltsames Stück mit Tiefgang auf die Bühne gebracht.
Stück entführt Publikum in eigene Vergangenheit
„Eine ganz tolle Leistung“, sagt Besucher Roland Schinko, „das Stück wird wieder ein Erfolg werden.“ Für den langjährigen Vorsitzenden des Fördervereins, der selbstverständlich ein Premieren-Abonnement hat, ist die Inszenierung erneut ein Grund, stolz zu sein, „dass Eisleben so ein Theater hat“, wie der 81-Jährige zur MZ sagt. Die „Sonnenallee“ ist für ihn auch ein spannender Blick zurück. „Da wird uns ein Spiegel vorgehalten. Wir haben das ja alles miterlebt“, so Schinko.
Zurück geht es in Thomas Brussigs Roman (Bühnenfassung: Peter Dehler) in die 1970er Jahre in die Sonnenallee, deren kürzeres Ende in Ostberlin liegt. „Stalin wollte die Straße nicht den Amis überlassen“, wird einführend erklärt. Der Brite Churchill habe schließlich dem Russen 60 Meter der Sonnenallee gegeben.
Hier leben Micha Kuppisch (Tom Bayer), seine Freunde Mario (Benjamin Wilke) und Wuschel (Julius Christodulow) - und Miriam (Ronja Jenko), „die Schulschönste“. Micha ist verliebt in Miriam, die allerdings erst einmal mit einem gut aussehenden West-Jungen vom langen Ende der Sonnenallee herumknutscht.
Rockmusik kann Leben retten
Verliebt sind auch Mario und die von Almut Liedke gespielte „Existenzialistin“, wie sie im Stück heißt. Beide finden in einer anrührenden Liebesszene zueinander - die Band spielt dazu die Hymne „Stairway To Heaven“ von Led Zeppelin. Auf der Suche ist auch Wuschel - nach dem Rolling-Stones-Album „Exile on Main Street“. In einer skurrilen Szene wird ihm die Doppel-LP das Leben retten.
Während der Abschnittsbevollmächtigte der Volkspolizei (Philip Dobraß) den Jugendlichen das Leben schwer macht, freuen sich Michas Eltern (Annette Baldin, Oliver Beck) über ihr erstes Telefon und den regelmäßigen Westbesuch von Onkel Heinz (Christopher Wartig).
Heinz, der stets in großer Angst vor sibirischen Lagern und Asbest in den Osten kommt, stirbt im Westen an Lungenkrebs - und hat dann noch einen Auftritt als singender Engel.
Ensemble vollzieht fliegenden Rollenwechsel
Bis auf Bayer und Jenko spielen alle Darsteller mehrere Rollen. Der Kniff, den sich Ausstatter Sven Hansen hat einfallen lassen: Fast alle Schauspieler sind ständig auf der Bühne und ziehen sich hier auch um. Die Kostüme finden sie in den Schrankwänden, mit denen Hansen zum einen eine DDR-Wohnatmosphäre schafft.
Zum anderen stehen die Schrankwände - mit oben gespannten Drähten und einem Turm in der Mitte - für die Mauer. Von den Kostümen über den Stern-Recorder bis zum Kamm in der hinteren Hosentasche - hier stimmt die Kulisse bis ins Detail.
Eine besondere Premiere ist die „Sonnenallee“ auch für die junge Eisleber Band „The Strong Peaks“. Die fünf Musiker spielen 18 Stücke, singen entweder selbst oder begleiten die Schauspieler. „Wir haben schon vor 600, 700 Leuten gespielt. Aber das ist eine ganz neue Erfahrung“, so Sänger Marc Spitze zur MZ.
Ein Theater sei doch etwas anderes als ein Rockkonzert. „Da haben wir noch einmal einen höheren Anspruch an uns gestellt.“ Mit der ersten Aufführung ist Spitze sehr zufrieden. Auch die Zusammenarbeit mit dem Ensemble und dem Tontechniker Christian Faust sei sehr gut gewesen. (mz)
Nächste Vorstellungen am 28. September, 12. Oktober, 1. und 22. November, jeweils 19.30 Uhr. Karten gibt es an der Theaterkasse, Bucherstraße 14.