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Portrait der Eisleberin Mariette Suchsland Portrait der Eisleberin Mariette Suchsland: Mutter der Haubner-Stiftung

Von Burkhard Zemlin 16.02.2015, 10:47
Mariette Suchsland (1915-2014)
Mariette Suchsland (1915-2014)   Lizenz

Eisleben - In Eisleben gibt es wahrscheinlich keinen, der nicht den Namen Mariette Suchsland kennt, zumindest vom Hörensagen: Am 17. Februar wäre die hoch geschätzte Ärztin 100 Jahre alt geworden.

Eigentlich hieß sie ja „Marie-Henriette“, wie aus einer Veröffentlichung der Haubner-Stiftung hervorgeht, mit der diese vor einem Vierteljahr den Tod ihrer verdienstvollen Stifterin anzeigte. Doch dieser Name war im Alltag wenig gebräuchlich, und so blieb es bei Mariette.

Ein Satz als Vermächtnis

Dr. med. Suchsland war eine ungewöhnliche Frau, klein von Wuchs, aber mit ungewöhnlicher Tatkraft. „Das Wichtigste in unserem Leben ist, anderen zu helfen“, hat sie einmal gesagt. Ein Satz, der sich einprägte und oft zitiert worden ist.

Die Ärztin erregte aber auch auf andere Art und Weise Aufmerksamkeit - sogar in der SED-Kreisleitung. Manche führenden Genossen machten lange Gesichter, als die zierliche Frau Doktor 1957 erstmals mit einem VW Käfer durch Eisleben fuhr, ein untrüglicher Hinweis auf Westverwandtschaft.

In den Fußstapfen des Vaters

Tatsächlich lebten damals schon alle ihre Verwandten im Westen, und mancher wunderte sich, weshalb sie nicht auch ihre Koffer packte. Doch daran dachte sie nie. „Weil Ärzte hier immer nötiger waren als drüben“, begründete sie Jahre später und verwies dabei auf ihren Onkel Otto Haubner. Dieser hatte 1969 zum ersten Mal wieder seine Heimat besucht, über die Weihnachtstage, und gesagt, dass sich doch einer um die Familiengräber kümmern müsse.

Hätte sie das ablehnen können? Für Mariette Suchsland kam das nicht in Frage. Sie fühlte sich ja als eine Haubner, wie ihre Mutter Else, die am 18. April 1914 in Eisleben mit dem Knappschaftsarzt Dr. med. Otto Suchsland den Bund fürs Leben schloss. Die Hochzeitsfeier im Saal der Freimaurerloge war ein gesellschaftliches Ereignis. Bald darauf begann dann der Erste Weltkrieg, dem auch Otto Suchsland zum Opfer fiel. Am 11. September 1914 traf die Todesnachricht in Eisleben ein, im Haus Hinterm Geiststift 3. Else Suchsland erfuhr, dass ihr Mann am 30. August auf einem Verbandsplatz in Frankreich den „Heldentod“ gestorben sei.

Der Traum vom Arztberuf

Daraufhin zog sie nach Halle zu den Schwiegereltern, deren Haus nach dem Vorbild eines bekannten venezianischen Palazzos erbaut worden war. Dort gab es jede Menge Platz für sie und das Kind, das sie erwartete. So wuchs Mariette Suchsland in Halle auf, wo sie in der Schule einen Klassenkameraden hatte, den sie später im ARD-„Weltspiegel“ wiedersehen sollte: Thilo Koch.

Es ist anzunehmen, dass das Vorbild des Vaters, den sie nur aus Briefen und von Fotos kannte, ihre Berufswahl entscheidend beeinflusst hat. Sie wollte Ärztin werden, und sie wollte in Eisleben praktizieren, der Heimatstadt ihrer Mutter. Else Haubner war eine Enkelin von Friedrich August Haubner, der 1847 in Eisleben ein Samengeschäft gegründet hatte, das Weltruf erlangen sollte.

Zeitweilig Blumenstadt

Die Haubners hatten die Stadt über Generationen mit geprägt und sie zeitweilig zu einer Blumenstadt gemacht. Ihrem Erbe fühlte sich Mariette Suchsland verpflichtet. Das erklärt auch, weshalb sie ihrer Stiftung, die zur Beschäftigung langzeitarbeitsloser und behinderter Menschen beitragen soll, den Namen ihrer Vorfahren gab. (mz)