Fantasie im Koffer Modellbau - Fantasie im Koffer: Manfred Peßler baut Modelleisenbahn auf 50 mal 50 Zentimetern

Eisleben - In der Luft kreisen zwei Hubschrauber. Ein Blick in die Felswand zeigt, warum: Ein Kletterer hängt im Seil. Davon bekommen die Wanderer, die mit der Seilbahn gekommen sind, nichts mit. Eine Etage tiefer dampft ein Zug am FKK-Strand vorbei. Ein Jäger beobachtet Rehe und Hasen. Es ist Idylle pur auf gerade einmal 50 mal 50 Zentimetern und ein Herztonikum für Modelleisenbahnfans.
In einem ausrangierten Koffer, den Manfred Peßler von einem Freund geschenkt bekam, hat der 59-jährige Eisleber seiner Fantasie freien Lauf gelassen. „Das könnte in der Schweiz sein. Aber ein konkretes Vorbild gibt es nicht“, sagt er.
Eisleben: Modellbauer „Arno“ will Thälmann-Schacht und den Fortschritt-Schacht nachbauen
Gut ein Jahr hat er nach Feierabend gebaut. Weit weg von zu Hause. Denn seit 15 Jahren arbeitet der ehemalige Bohrhauer in einer Edelstahlbeizerei in der Nähe von Frankfurt am Main. Da sind die Abende lang, aber Langeweile kennt Peßler nicht. Und auch, wenn er am Wochenende zu Hause ist, wird gebastelt. Seine Frau Kerstin hat sich längst dran gewöhnt. Gut zehn Jahre ist es her, da habe ihn der Modellbahnvirus erfasst. „Am Sonntagsstammtisch“, wie er sagt. „Aber dann auch richtig heftig.“
Und ein Mitglied des Stammtisches habe mal eine Kofferanlage präsentiert. Das war für Peßler der Anstoß, selbst eine zu bauen. Als Baugröße wählt er N. Das ist der Maßstab 1:160, Spurweite neun Millimeter. Längst hat Manfred Peßler, den Freunde nur Arno nennen, neue Ideen. Und das hat mit seiner früheren Tätigkeit als Bohrhauer im Bernard-Koenen-Schacht zu tun.
Er will den Thälmann-Schacht und den Fortschritt-Schacht nachbauen - mit einem Blick in den Berg und allem, was dazugehört, sowie dem übertägigen Teil. Also Fördertürmen, Schachtgebäuden, Halden, Höhenförderern. Und natürlich Bahnanlagen. Am Wochenende hat er sich schon Leisten und Winkel für den Bau des Grundgerüstes bereitgelegt, um dann auf dem Dachboden mit seinen Armen auszuholen und anzudeuten, wo was platziert werden wird. Herbst und Winter laden an den Wochenenden ja geradezu zum Bauen ein.
Modellbau: Manfred Peßler investiert viel Zeit in sein Hobby
Und während es den Thälmann-Schacht im Original nur einmal gibt, wird es bereits der zweite Nachbau. Nummer eins hat Peßler, wie auch das Modell des Brosowsky-Schachtes, dem Förderverein Schmidschacht in Helbra überlassen. Dort werden beide Nachbauten laut Peßler demnächst aufgestellt. Wie viel Zeit er in sein Hobby investiert, hat er nie zusammengerechnet. „Da kann ich nur schätzen.“ Bei der Modellbahn im Koffer, die einmal Enkel Fabian bekommen soll, war es ein Jahr lang mindestens eine Stunde täglich, manchmal auch zwei oder drei.
Sein Vermieter in Hessen habe ihm das erlaubt. Und Manfred Peßler erklärt auch, warum ihm so viel an den Nachbauten der Schächte liegt. „Ich habe schon kurz nach der Wende gemerkt, dass vieles in Vergessenheit zu geraten droht. Dem wollte und will ich ein wenig entgegenwirken.“ Und viele Menschen in den alten Ländern wüssten gar nicht, dass hier einst Kupfererz gefördert wurde. So hat Peßler auch schon seinen Vermieter aus Hessen nach Eisleben eingeladen, ihm viel in der Region gezeigt. Als Beitrag zur Deutschen Einheit. (mz)