Mansfelder Mundart Mansfelder Mundart: Elsterglanz schaffen Kinoknüller ohne Staatshilfe
Halle (Saale)/MZ. - Versuch macht klug, hatten sich Gilbert Rödiger und Sven Wittek vorher gedacht. Als die beiden Komödianten aus Eisleben, besser bekannt als Duo Elsterglanz, daran gingen, die Finanzierung ihres ersten Kinofilms zu planen, fiel ihnen auch die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM) ein. Alljährlich reicht die immerhin mehr als zehn Millionen Euro an Filmemacher aus, die Projekte in Sachsen-Anhalt, Sachsen oder Thüringen umsetzen wollen.
Fragen kostet nichts, dachten sich Rödiger und Wittek, im Hauptberuf immer noch Krankenpfleger und Klempner. "Wir haben angerufen und die Auskunft bekommen, dass wir einen Antrag stellen können", erinnert sich Wittek. Allerdings, habe es weiter geheißen, behalte sich die MDM dann das Recht vor, auf Drehbuch und Besetzung Einfluss zu nehmen.
Die beiden Komiker waren erstaunt. Sie hätten sich kaum vorstellen können, dass sich Hollywood-Produzenten wie Quentin Tarantino, der sich bei der Produktion seiner Nazi-Farce "Inglorious Basterds" von der MDM unterstützen ließ, auf so etwas einlassen. Aber die Auskunft war amtlich. "Damit war das Thema für uns gestorben", sagt Gilbert Rödiger.
Die knapp 20 000 Euro, die für die Dreharbeiten von "Im Banne der Rouladenkönigin" benötigt wurden, kratzten die beiden Produzenten, Regisseure und Darsteller privat zusammen. "Wir wollten uns einfach nicht reinreden lassen."
Der Erfolg gibt ihnen Recht. Anderthalb Monate nach der Filmpremiere in Eisleben hat sich die absurde 60-Minuten-Komödie aus dem Mansfelder Land auch ohne Hilfe der staatlichen Filmförderer zum Hit entwickelt. Obwohl die Mundart-Komiker anfangs keinen Kino-Verleih hatten, pilgerten zu selbstorganisierten Vorstellungen in verschiedenen Konzerthallen der Region binnen weniger Wochen mehr als 10 000 Zuschauer. Zum Vergleich: Die von der MDM mit 600 000 Euro geförderte Komödie "Boxhagener Platz" kam vor zwei Jahren im selben Zeitraum gerade mal auf doppelt so viele Besucher. Und das Oscar-nominierte Drama "In Darkness", das die MDM ebenfalls finanziert hatte, schaffte trotz großer Verleihfirma im Inland nicht einmal so viel.
Ein Kinowunder aus der Heimwerkstatt. Denn im Unterschied zu diesen beiden Filmen entstand die bizarre Heimatkomödie, die seit vergangener Woche auch in der Cinestar-Kette und in Cinemaxx-Theatern läuft, durchweg in Mitteldeutschland. Alle Mitwirkenden stammen aus Sachsen-Anhalt, auch Catering, Kostüme und Maske übernahmen Firmen aus der Region. Sogar Schnitt und Endproduktion erfolgten in Eisleben bei der Firma "Strüffler-Productions", hinter der niemand anderes steckt als Rödiger und Wittek samt einem Macbook von Apple.
"Im Banne der Rouladenkönigin" ist damit der einzige echte Independent-Film aus Sachsen-Anhalt, der es jemals ins Kino geschafft hat. Und der erfolgreichste sachsen-anhaltische Kinofilm des Jahres ist er natürlich zudem: Ab Donnerstag läuft das Dialekt-Drama nun sogar in mehreren Kinos in den alten Bundesländern an, darunter in Oberhausen und Dortmund.
Warum also gab es keine Förderung? MDM-Förderchef Markus Görsch weiß es auch nicht. "Es hat hier keine offiziellen Gespräche und keinen Antrag gegeben", versichert er. Vermutlich handele es sich um ein Missverständnis. "Es gibt keine Mitspracherechte bei geförderten Projekten", stellt Görsch klar. Andere Produzenten aus Halle bestätigen das. "Es ist das Ziel der MDM, einen Regionaleffekt für eines oder alle drei mitteldeutschen Länder zu erhalten", beschreibt der Chef einer Produktionsfirma aus Halle. Das zugeschossene Geld solle in die Filmwirtschaft der Region fließen. "Für Talente, Kreative, Handwerker und so weiter." Der Idealfall sei dabei, "wenn hier deutlich mehr ausgegeben wird als der Finanzierungsanteil der MDM beträgt".
Ein Mitspracherecht gebe es dagegen nicht. "Stellt ein Produzent ein tolles Package zusammen aus überzeugender Regie, bekannten Darstellern, tollem Buch, interessanten Motiven und ist alles stimmig, ist die MDM davon eher zu überzeugen." Genauso sieht es auch Görsch. Zwar müssten Antragsteller bestimmte Regularien einhalten und "natürlich werden wir uns eine Haltung zu Besetzung und Drehbuch bilden". Aber dem Filmemacher reinreden? Niemals. "Wir sind ja keine Scriptdoktoren, das können und wollen wir gar nicht leisten." Nicht einmal bei einem Kultkomiker-Duo, das von der professionellen Filmwelt so weit weg ist wie die Mansfelder Halden von Hollywood. Markus Görsch kennt Elsterglanz aus deren erfolgreichen Youtube-Filmen. Mit diesen anarchistischen Neuvertonungen bekannter Kino-Klassiker erreichten Rödiger und Wittek ein Millionenpublikum. Der Förderexperte ahnt, dass die Arbeitsweise der beiden Eisleber ein wenig anders ist als die bei einer normalen Filmproduktionsfirma übliche.
"Ich könnte mir vorstellen, dass die ganze Struktur der Produktion schwierig mit unseren Regularien zu vereinbaren ist", formuliert er vorsichtig. Ein Hinderungsgrund aber sei das nicht. "Da soll niemand eine Scheu haben, zu fragen", empfiehlt er, "auch die Herren von Elsterglanz können sich gern an uns wenden."
Eine Einladung, die vermutlich angenommen werden wird. Immerhin steht schon im Vorspann der "Rouladenkönigin" die Ankündigung, dies sei "ein Elsterglanz-Film". Der nächste folgt also bestimmt, denn, wie Sven Wittek sagt: "Das hat so viel Spaß gemacht, da bleiben wir jetzt dran."