Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Autorin Amelie Fried am Montag in Eisleben erwartet
EISLEBEN/MZ. - Bei den Opfern handelt es sich um Jacob Bratel, Jahrgang 1869, und seine Frau Matha Bratel, eine geborene Goldstein, die 1886 zur Welt kam. Die Eheleute hatten zwei Söhne: Hans, geboren 1910, und Gerhard, der im Jahre 1912 geboren wurde. Beide hatten das Martin-Luther-Gymnasium in Eisleben besucht und 1932 ihr Studium begonnen. Bald nach Machtübernahme der Nazis mussten sie Mitte der 1930er Jahre Deutschland verlassen. Die Brüder Bratel emigrierten nach Frankreich und als die Wehrmacht das Land besetzte, zogen sie nach Lyon. Hans Bratel überlebte im Untergrund, Gerhard Bratel schloss sich der Resistance an und kämpfte gegen die Deutschen. Er wurde gefangen genommen und am 19. Juli 1944 von der SS erschossen.
Die Stolpersteine für Jacob und Martha Bratel werden von der Schriftstellerin Amelie Fried und ihrem Partner, dem Drehbuch-Autor Peter Probst gespendet. Beide werden am Montag in Eisleben erwartet. Amelie Fried lebt heute in Oberbayern. In ihrem Buch "Schuhhaus Pallas" erzählt sie das Schicksal ihres jüdischen Großvaters Franz Fried, Besitzer eines der größten Schuhhäuser in Ulm, und seiner deutschen Frau Martha. Sie schreibt, wie er sich den Nazis gegenüber mit ihren Demütigungen und Schikanen zur Wehr setzte. Der Überlebenswille gegen menschenfeindliche nationalsozialistische Machenschaften und der Neid deutscher Konkurrenten führte nicht nur zur Namensänderung seines Schuhimperiums von "Schuhpalast" zu "Schuhhaus Pallas", sondern auch zur Pro-Forma-Scheidung von seiner deutschen Frau und der Auswanderung aus Deutschland.
Beider Sohn Kurt Fried (1906 geboren), Publizist und Vater der heutigen Autorin Amelie Fried, war als so genannter jüdischer Mischling ersten Grades Förderer der Kultur der Juden. Er liebte und diente aber Deutschland und konnte dennoch nicht verhindern, dass er 1944 ins Zwangsarbeitslager Leimbach, einem Außenlager des KZ Buchenwald, deportiert wurde und im "Freiesleben Schacht" arbeiten musste, um dort eine unterirdische Halle für die Rüstungsproduktion der Mansfeld AG mit aufzubauen. Fried darf als Halbjude im April 1945 Leimbach verlassen und zog wieder nach Ulm, wo er in dritter Ehe Inge Ruthardt heiratet, die heute noch lebende siebzigjährige Mutter der Autorin Amelie Fried.
Bei einer Lesung erfuhr Frau Fried, dass in Eisleben vor dem ehemaligen Wohnhaus der jüdischen Familie Königsberger, die in Konzentrationslagern umgekommen ist, drei "Stolpersteine" zur Erinnerung eingelassen worden sind. Das veranlasste sie und ihren Mann, die Finanzierung des nächsten Stolpersteins für die Familie Bratel zu übernehmen.