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In Friesdorf wird der Kessel geputzt

Von Roman Haeusgen 07.02.2007, 17:04

Friesdorf/MZ. - Sein Kollege öffnet das Ventil des Hydranten, von dem ein Schlauch in den Kessel führt. Dann steigt auch er durch die enge Luke hinunter. Kurz darauf dringen durch die Öffnung Geräusche nach oben, wie sie wohl typisch sind fürs Großreinemachen: Wasser plätschert, Bürsten schrubben.

Von der Arbeit der Midewa-Mitarbeiter ist freilich ein ganzer Ort betroffen. Das Trinkwasser fließt schon seit Samstag vergangener Woche nicht mehr mit dem üblichen Druck aus der Leitung, und seit Dienstagmittag sind die Friesdorfer gehalten, das köstliche Nass nicht frisch aus der Leitung zu trinken, sondern es nur abgekocht zu verwenden. Denn die Midewa-Leute gehen dem Schmutz zu Leibe, der sich im Laufe der Zeit im Trinkwasser-Behälter des Ortes angesammelt hat. Mehrere Stunden hatten sie damit am Dienstag zu tun.

Eine besondere Veranlassung gibt es für die Reinigung nicht, sie ist Routine. "Die Behälter werden alle zwei Jahre sauber gemacht, das ist Vorschrift", erklärt Midewa-Meister Peter Erfurth, verantwortlich für den so genannten Service-Bereich Süd, in dem es insgesamt 32 solcher Behälter sowie den Wasserturm in Klostermansfeld gibt. Dabei gehört der Friesdorfer Behälter mit seinen 90 Kubikmeter Fassungsvermögen zu den kleinsten. Der größte mit vier Kammern zu immerhin je 5 100 Kubikmeter steht in Ritterode. "Von ihm aus versorgen wir nicht nur Hettstedt, sondern bis zur Saale hin, und teilweise sogar bis nach Halle", so der 45-Jährige.

Während seine beide Kollegen unterirdisch mit Schlauch und Schrubber die Betonwände bearbeiten, denkt Erfurth darüber nach, wie alt der Friesdorfer Behälter eigentlich ist. Wahrscheinlich wurde er kurz nach der Wende errichtet, denn zu jener Zeit wurde die so genannte Harztrasse erbaut - die Rohrleitung, mit der eine ganze Reihe von Dörfern Anaschlüsse bekamen. Hatte es bis dahin seit Jahrzehnten in Saurasen, Molmerswende, Abberode, Tilkerode, Steinbrücken, Ritzgerode, Hermerode und Braunschwende Trinkwasser nur aus Brunnen und Pumpen gegeben, werden die Einwohner dort seitdem mit dem Zufluss aus der Rappbode-Talsperre versorgt.

"Top-Qualität", meint Erfurth. Dieses Wasser sei sehr "hausfrauenfreundlich", denn fürs Waschen und Geschirrspülen bedürfe es ob seiner Kalkarmut nur weniger Zusätze. "Was auch die Umwelt schont", stellt Erfurth einen nicht unwesentlichen Zusammenhang her. Für den Friesdorfer Behälter kommt die Zuleitung oben von der B 242. Deshalb dient er nicht nur als zusätzlicher Speicher, sondern auch als Druckunterbrecher. "Denn wenn das Wasser von oben ungehindert herunterschießen würde, das wäre zu viel des Guten", erklärt Erfurth. Dann prüft er die elektrischen Kabel, die im Gras liegen. Sie verbinden das Notstromaggregat auf dem abseits stehenden Werkstattwagen mit einem kleinen Kasten. "Das ist ein Transformator, er reduziert die Spannung auf 48 Volt für die Beleuchtung im Behälter", erklärt. Auch das eine Frage der Sicherheit.

Bevor Simon und Kulak in der Erde verschwunden waren, hatte Fred Wesemann eine neue Leiter für den Abstieg geliefert. Der Walbecker Metallbau-Unternehmer hatte sie nach Anforderung der Midewa eigens neu hergestellt, die vorhandene entsprach nicht mehr den geltenden Vorschriften. "So geht es eben nicht nur ums Säubern", sagt Erfurth, "sondern auch um eventuelle Reparaturen oder Ausbesserungen."

Eigens abgelassen, um in den Speicher steigen zu können, wurde das Wasser übrigens nicht. "Wir haben nur den Zulauf gesperrt", so Erfurth. Da die Friesdorfer im Winter 15 bis 20 Kubikmeter verbrauchen, war dann am Dienstagmorgen die Einstiegsmöglichkeit gegeben. Und war auch der Kessel leer, gab es immer noch eine Reserve in der langen 100 Millimeter starken PVC-Leitung vom Behälter zum Ort. Zu dürsten brauchte also in dem Ort niemand, zumal die Midewa zuvor mittels Aushängen die Bevorratung empfohlen hatte.

Der Schmutz, den Simon und Kulak abbürsten, wird übrigens nicht eigens entfernt, er bleibt im Behälter, der sich inzwischen wieder füllt, und geht durch die Leitung mit ab. "Die Verdünnung ist so hoch, dass da nichts passieren kann", sagt Erfurth, dem ohnehin auch das Gesundheitsamt auf die Finger sieht. Denn nach der Reinigung wurde eine Probe des Wassers entnommen. Bis zum Samstag wird sie auf ihre Bestandteile geprüft. Wird Keimfreiheit analysiert, kann in Friesdorf Entwarnung gegeben werden.