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Geschlechtsumwandlung Geschlechtsumwandlung: Warum die Krankenkasse Julians OP in Potsdam nicht bezahlen will

Von Jörg Müller 18.10.2017, 15:57
Die Regenbogenfahne gilt als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz. Doch noch werden Transsexuelle nicht überall akzeptiert.
Die Regenbogenfahne gilt als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz. Doch noch werden Transsexuelle nicht überall akzeptiert. Pacific Press via ZUMA Wire

Eisleben - „Ich habe eine Riesenangst vor der Operation“, sagt Julian Fröbel (Name geändert), „aber ich weiß, das ich das jetzt machen muss.“ Der 20-jährige Eisleber ist transsexuell - er ist als Mädchen geboren worden. Bis vor etwa fünf Jahren habe er immer nur „gefühlt, dass mit mir etwas anders ist. Aber ich konnte es nicht benennen“.

Familie von Julian hat Schwierigkeiten mit der Krankenkasse, die die Geschlechtsumwandlung bezahlen soll

Dann habe er eine Reportage über Transgender gesehen. „Da wusste ich: Das bin ich“, sagt Julian. Mittlerweile hat er seinen Namen und seinen Personenstand behördlich geändert. Nun steht als nächster Schritt die geschlechtsangleichende Operation bevor. Doch die Familie hat Schwierigkeiten mit ihrer Krankenkasse, der Knappschaft.

Dass die Kasse die Operation bezahlen werde, sei klar, sagt die Mutter Anne Fröbel (Name geändert). Das Problem sei, dass die Knappschaft für die Operation nur Hamburg, Frankfurt oder München zur Wahl gestellt habe. Dies seien Vertragskliniken der Krankenkasse.

„Wir möchten die Operation aber unbedingt in Potsdam machen lassen“, so die Mutter. Denn dort gebe es eine Klinik, die als einzige in Deutschland die Geschlechtsangleichung in einem Schritt vornehmen könne.

Klinik in Potsdam ist die erste Wahl für die Geschlechtsumwandlung von Julian

„In den anderen Kliniken sind fünf Operationen notwendig, die sich über zwei Jahre hinziehen“, so Anne Fröbel. Außerdem würden die Potsdamer Ärzte über sehr große Erfahrung bei dieser Operation verfügen. Die Knappschaft habe Potsdam aber abgelehnt, weil es sich um eine Privatklinik handele. „Dabei sind dort auch schon gesetzlich Versicherte operiert worden.“ Und die Operation „wäre auch nicht teurer als in den anderen Krankenhäusern“.

Auf MZ-Anfrage teilte die Knappschaft mit, dass „in dieser Angelegenheit ein Widerspruchsverfahren“ laufe. „Während eines laufenden Verfahrens können wir leider grundsätzlich keine Auskunft geben“, so Sandra Piehl von der Pressestelle der Knappschaft.

Julians Familie hofft, dass Widerspruch gegen die Krankenkasse Erfolg hat

„Das zieht sich alles schon so lange hin“, so Anne Fröbel, „bei uns liegen die Nerven blank.“ Das behördliche Verfahren zur Namens- und Geschlechtsänderung, die Hormontherapie - das habe Jahre gedauert. Unter anderem sind Gutachten und eine richterliche Anhörung notwendig. Deshalb hofft die Familie, dass sie mit ihrem Widerspruch bei der Krankenkasse Erfolg hat.

„Fünf Operationen - das ist doch auch ein viel größeres Risiko“, so die Mutter. Dazu komme, dass ihr Sohn schon als Kind „immer panische Angst vor Ärzten“ gehabt habe. Wie geht es ihr damit, dass aus ihrer Tochter ein Sohn geworden ist? „Am Anfang war es schon sehr schwer“, gibt sie zu. Aber mittlerweile sei es für die Familie „ganz normal“. „Das Wichtigste ist doch, dass es ihm gut geht.“

„In meinem Freundeskreis weiß es jeder“, sagt der junge Mann. Er habe aber einige Zeit gebraucht, bis er davon erzählen konnte. Für die Öffentlichkeit will er freilich anonym bleiben. Hat er auf seinem Weg auch mal Zweifel gehabt? „Natürlich“, so Julian. „Ich bin mir aber ganz sicher, dass es das Richtige ist.“ (mz)