1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Geschäftsübernahme: Geschäftsübernahme: Handwerksfirmen finden immer schwieriger einen Nachfolger

Geschäftsübernahme Geschäftsübernahme: Handwerksfirmen finden immer schwieriger einen Nachfolger

Von Detlef Liedmann 05.06.2018, 06:00
Wolfgang Selmat (rechts) hat mit Karsten Sachse einen Nachfolger für seine Firma gefunden.
Wolfgang Selmat (rechts) hat mit Karsten Sachse einen Nachfolger für seine Firma gefunden. Detlef Liedmann

Eisleben/Hettstedt - Die guten Zahlen auf dem Arbeitsmarkt verdecken ein Problem. „Immer mehr Chefs kleiner Firmen suchen vergeblich einen Nachfolger“, sagt Regina Ziesche, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Mansfeld-Südharz. Die meisten Gründer der Nachwendezeit kämen jetzt in ein Alter, in dem sie über den Ruhestand nachdenken. „Und in zehn Jahren wird sich das Problem noch verschärfen“, so die Geschäftsführerin weiter.

Als „ganz schwierig bis aussichtslos“ beschreibt Fred Neduck die Nachfolgersuche. Der Chef einer Firma für Heizung, Sanitär und Bad mit fünf Mitarbeitern in Großörner ist zwar erst 57, hat sich aber nach 28 Jahren Selbstständigkeit mit dem Thema befasst. Die Probleme seien vielschichtig.

Probleme im Handwerk: Demografischer Wandel und fehlende Risikobereitschaft

Zum demografischen Wandel käme fehlende Risikobereitschaft. „Da müssen sie schon ein bisschen Geld in die Hand nehmen“, sagt Neduck. Wenn es aber nicht anders ginge, müsse er die Firma eben irgendwann schließen. Denn auch unter seinen Mitarbeitern sei, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt, kein Nachfolger in Sicht.

Dass die gute Konjunktur die Suche bremse, bestätigt Andreas Baer von der Handwerkskammer Halle. „Fachkräfte sind begehrt. Und wer einen sicheren und gut bezahlten Job hat, wird den auch nicht aufgeben wollen.“ Gleichwohl käme erschwerend hinzu, dass immer mehr Firmeninhaber aus Altersgründen aufhören wollen, der Markt aber aus demografischen Gründen nicht genügend Nachrücker bereithält.

Keine Nachfolger: Manche Handwerksfirmen verschwinden einfach

Belastbare Zahlen, wie viele Firmen aufgegeben werden, weil Nachfolger fehlen, gibt es laut Baer indes nicht. „Manche Betriebe verschwinden auch aus der Handwerkerrolle, weil gar kein Nachfolger gesucht worden ist. Wir hinterfragen das nicht. Deshalb sagen Zahlen allein wenig aus.“

Was Baer aber mit Sicherheit weiß: „Viele kleine Handwerksbetriebe waren als Altersvorsorge gedacht. Wenn dann nicht verkauft werden kann, entsteht in vielen Fällen eine nicht unerhebliche finanzielle Lücke.“ Es gibt aber auch positive Beispiele. Eines davon in Bischofrode, wo Karsten Sachse mittlerweile die Bauschlosserei Selmat übernommen hat. Und das eher dank eines Zufalls. „Ich habe nicht ausdrücklich gesucht und ich hätte auch nicht verkaufen müssen“, sagt Wolfgang Selmat.

Der heute 68-Jährige hat schon zu DDR-Zeiten mehrfach Anlauf zur Selbstständigkeit genommen, bekam nach einem Besuch beim Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Halle 1988 auch das Gewerbe. „Nur Material habe ich nicht bekommen“, sagt Selmat. Richtig los gegangen sei es am 1. Januar 1990. „Die ersten fünf Jahre waren richtig hart.“

Firmenübernahme: Kein Zuschuss auf Existenzgründerförderung

Längst stehe die Firma auf einem soliden Fundament. Deshalb hat der gelernte Kfz-Meister Sachse nicht lange überlegen müssen. Auch, wenn er beim Arbeitsamt keinen Zuschuss auf Existenzgründerförderung bekommen habe und alle Nachweise sowie Prüfungen selbst finanzieren musste.

„Es hieß, ich müsse dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.“ Zuvor hat Sachse in einer Firma für Wiegetechnik gearbeitet. Auch dort wurde ein Nachfolger gesucht und gefunden. „Der hat mir dann den Tipp gegeben mit Bischofrode.“

Einen Mitarbeiter hat Sachse und einen Praktikanten. Selmat steht als helfende Hand bereit, „weil es auch zwischenmenschlich passt.“ Mit der Firma hat Selmat seinem Nachfolger Sachse zudem das ihm eigene soziale Engagement überantwortet. „Es ist schlimm, dass ein reiches Land seinen Kindern nicht in gleichem Maße Chancen zur Entwicklung bieten kann.“ Denn auch Sachse wird irgendwann einen Nachfolger suchen. (mz)