Filmpremiere Filmpremiere: Elsterglanz stellen "Der Schlüssel zur Weibersauna" vor
Eisleben - Nachmittags gingen die Server vom Netz. Zu viel Andrang, zu viele Kartenwünsche für die anstehende Tour des Eisleber Komiker-Duos Elsterglanz, die am Morgen angekündigt worden war. „Zehntausend Tickets haben wir an einem Tag verkauft“, freut sich Konzertveranstalter Matthias Winkler, „das ist noch mehr als wir erwartet hatten.“
Rausgeputzt für die Filmpremiere
Abends steht Winkler vor dem Theater in Eisleben, inmitten der Gäste der Premiere des neuen Elsterglanz-Filmes. Neben ihm Sven Wittek und Gilbert Rödiger, die beiden Hauptdarsteller, Regisseure, Kameraleute und Cutter. Wittek, Fans besser bekannt als „Svenni“, grinst mit verdrehten Augäpfeln. Rödiger, der im Elsterglanz-Universum nur „Gilli“ heißt, trägt einen feinen Anzug Marke etwa Präsent 20. Offenes weißes Hemd, ernsthafte Herrenschuhe dazu. Die gelben Gummistiefel, die ebenso wie das deutsche Nationalmannschaftstrikot mit dem Rückenaufdruck „Gerald aus Samoa“ zum Kostüm gehören, sind heute zu Hause geblieben.
Dafür sind alle da, die bei Elsterglanz nur „de Gumpels“ heißen. Kleindarsteller, die im Film mitmachen. Freunde, Bandkollegen, Prominente. Tobias Künzel von den Prinzen, der Im Film eine kleine Rolle als derangierter Herr spielt, ist gekommen. Ebenso Ali Zieme, der Prinzentrommler und Schwimmweltmeister Paul Biedermann. Es gibt keinen roten Teppich, sondern nur einen grauen. „Als wir den roten rauspacken wollten“, sagt Gilbert Rödiger, „stellten wir fest, dass da schon die Spatzen dranrumgepickt haben“. Sonst aber ist Hollywood in Eisleben. Fernsehteams fragen Erwartungen ab, Fotografen umschwirren Rödiger und Wittek, Fans bitten zum Selfie.
Klein angefangen
Vor zehn Jahren sah das noch ganz anders aus. Elsterglanz, das war damals ein Name ohne Personen, das waren zwei Stimmen ohne Gesichter. Ein paar CDs mit selbstgemachten Kurzhörspielen der sehr eigenen Art hatten der gelernte Physiotherapeut Wittek und der Klempner Rödiger auf CDs gebrannt und „nur aus Spaß“ im Freundeskreis verteilt. Der Erfolg kam angeschlichen: Als Wittek eines nachts auf einem Parkplatz mitten im Mansfeldischen an einem Baum steht und einem sehr dringenden Bedürfnis nachgeht, hört er sich auf einmal selbst aus dem Auto nebenan singen, vor dem ein paar Diskogänger stehen und rauchen. Zu seinem großen Erstaunen: „Die CD hatten wir ja nur ein paar Freunden geschenkt – und von denen war gar keiner in der Nähe.“
Irgendwie aber hatten die bizarren Gags, in denen auf Mansfeldisch gewummert und geflakt, gekreit und getreckt wird, in denen „Brummer“ und „Hässlonde“ „hakkelätter“ sind und in denen es zudem von Anspielungen alte DDR-Rituale, Markennamen und Gebräuche wimmelt, sich ganz von allein aus der Nische des Freundeskreises in die Öffentlichkeit durchgebohrt.
Rambo - der beste Koch der Welt
Der Beginn eines Humor-Märchens, das allein mit dem Filmchen Rambo - Der beste Koch der Welt Millionen Youtube-Klicks sammelte, zu ausverkauften Konzerttourneen führte, einen Busunternehmer dazu inspirierte, eine Elsterglanz-Tour durch Eisleben samt Gehacktes-Wettessen und Tequila-Trinken anzubieten. Und das schließlich vor zwei Jahren sogar einen Kinofilm hervorbrachte. "Im Banne der Rouladenkönigin" war eine Liebeserklärung an das Mansfeld und die Mansfelder, voll kleiner, liebevoller Porträts der Menschen von Sittichenbach, Lüttchendorf und Schmalzerode.
Gleichzeitig war die „Rouladenkönigin“ aber auch eine absurde Tour de Force durch die tiefsten Abgründe des handfesten Humors der beiden ehemaligen Rockmusiker, die es mit dem 60-Minuten-Werk ohne Vermarktungsplan oder Filmverleih sogar in die großen Kino-Ketten schafften.
Letzte Schnitte bis kurz vor der Premiere
Bis 36 Stunden vor der Premiere des Nachfolgers haben Wittek, in seiner Svenni-Rolle stets mit rotem T-Shirt und voluminöser Riesenhose, und Rödiger, als Gilli immer in Gummistiefeln, mit dünnem Zopf und röchelnder Stimme, am Nachfolger geschnitten. „Wir wollten diesmal eigentlich schon einen Monat früher fertig sein“, sagt Wittek, „aber es ist immer erst Schluss, wenn es muss.“ So „200 Mal“ hat der 45-jährige Drehbuchautor, Kameramann, Hauptdarsteller, Cutter, Tonmischer und Special Effects-Experte den Film in den paar Stunden seitdem gesehen. Wittek weiß nun gar nichts mehr. Ist er gut? Ist er fertig? Hätte man noch? Sollte man nicht?
Dem Ergebnis sind die Zweifel der Macher das nicht anzumerken. Wieder geht es um eine Schatzjagd, um Frauen, um Bier und um zwei Zukurzgekommene, die sich ihren Teil an Glück, Erfolg und Reichtum holen wollen. Wieder sind Bezüge zur Olsenbande zu erkennen, wieder ist die Klamotte urbanes Heimatkino mit einem untrüglichen Gespür für aberwitzige Situationen, schräge Sprachspiele und hemmungslos verballhornte Lebensweisheiten. „Diesmal haben wir eine Handlung“, warnt Sven Wittek vorher, äußerlich ruhig, aber „innerlich bin ich ein Aufregungsvulkan“.
Aus der "Portokasse" finanziert
Dagegen hilft ein „Sterni“, beständiger Ausstattungsgegenstand auch im Film. Der nimmt nicht langsam Fahrt auf, sondern stürzt sich mit apokalyptischem Wettschießen und magenschmerzenverursachendem Kleiderbügelschlucken schon in den ersten Minuten mitten hinein in einen Kosmos aus multiplen Absurditäten. Gedreht mit einer einfachen Canon-Spiegelreflexkamera D5 und finanziert „aus der Portokasse“, wie Rödiger sagt, weil ein Förderantrag bei der Mitteldeutschen Medienförderung den beiden Protagonisten die Gefahr mit sich zu bringen schien, „dass die uns reinreden wollen“, sind die folgenden 90 Minuten ein Heimatfilm der ganz anderen Art. Zwischen Schenkelklopfern und leisem Wahnsinn, zwischen Filmzitaten und Anspielungen auf regionale Eigenheiten der nicht eben von einem unzähmbaren Aufschwung geplagten Region, entwickelt sich ein Wettrennen von gedanklicher Volte zu gedanklicher Volte. Jede Szene hat ihre liebevoll angerichteten Details, ihre Querverweise, ihre liebevollen Anspielungen auf political correctness, Unterbesetzung der Polizei im ländlichen Raum und triste Medienklischees.
Die Story
Es geht vordergründig um die sagenumwobene Weibersauna, die am Süßen See steht und als Paradies für alleinlebende Männer in einer Gegend mit notorischem Damendefizit erscheint.Vor allem aber geht es um den wackeren Kampf von zwei Freunden um einen Platz an der Sonne, die über den Straßen zwischen Eisleben und Hettstedt scheint, aber nicht bis ganz nach unten zu den Verlierern und Vergessenen leuchtet. Rödiger und Wittek sind hundert Meter voneinander entfernt aufgewachsen, in Eisleben, wo damals in der DDR der Flugstaub aus der Kupferhütte auf den Kaffeetisch im Garten segelte. Heute tauschen sie eine Katze gegen einen Kasten „Sterni“, verwandeln das Tier in einen reflektierenden Einbruchsautomaten und scheitern dennoch beim Versuch, den wahnwitzigen Plan zur Eroberung des begehrten Saunaschlüssels umzusetzen.
Natürlich geht es weiter, hinter dem Horizont, hinter der nächsten Pleite, hinter einem Treffen mit dem Teufel sogar, der in Luthers Heimatstadt zünftig mit einer rückwärts abgespielten Michael-Jackson-Platte beschworen wird. Promis haben ihre Auftritte. Cindy aus Marzahn wird die Seele geraubt, der Dresdner Komödiant Olaf Schubert spielt einen Schlauchfetischisten von der Feuerwehr, es fließen Tränen, Bier und Tequila. Eigentlich aber ist die wilde Story über den Matroschka-Autisten Svenni und seinen neunmalklugen Kumpel Gilli eine Parabel über Freundschaft in widrigen Zeiten. Eine Mansfelder Mischung, die ins Zwerchfell geht und den Theatersaal vor Begeisterung toben lässt, als das Licht angeht und die beiden Filmemacher nach anderthalb Stunden auf die Bühne treten. Paul Biedermann sagt draußen auf dem grauen Teppich: „Aufwändiger als Star Wars, deutlich besser als Star Wars. Sollte man sich angucken und vorher ein Mettbrötchen essen."
„Der Schlüssel zur Weibersauna“ läuft ab 9. Juni in den regionalen Kinos der Ketten UCI, Cinestar und Cinemaxx. (mz)
Karten für die anstehende Tour: www.mawi-concert.de und auf www.elsterglanz-dieband.com