Eisleber Ortsschild in Afghanistan Eisleber Ortsschild in Afghanistan: Leserin entdeckt Schild im "Bericht aus Berlin" im Fernsehen

Eisleben - Isolde Kakoschky aus Gerbstedt glaubt ihren Augen nicht zu trauen. Zur besten Fernsehzeit am Sonntagabend in einer Nachrichtensendung, die sich soeben mit der großen Weltpolitik beschäftigt, entdeckt sie in einem Filmbeitrag aus dem Ausland das Ortsschild der Lutherstadt Eisleben. Befestigt an einer Wand, vor der zwei Soldaten stehen.
Natürlich musste die Mediathek nun herhalten. Denn Isolde Kakoschky hätte sich ja auch täuschen können. Hat sie aber nicht. Und weil ihre Verblüffung auch nach dem zweiten und dritten Blick auf den „Bericht aus Berlin“ von der ARD blieb, postet sie das, was sie entdeckt hat, bei Facebook.
Stadt will klären, wie das Schild nach Afghanistan kam
Was wiederum eine der aktivsten Eisleber Facebookerinnen, nämlich Oberbürgermeisterin Jutta Fischer (SPD) auf den Plan ruft. „Es wäre bedauerlich, wenn Stationierte gestohlene Schilder so verwenden. Das hat aus meiner Sicht nichts mit Heimatverbundenheit zu tun“, kommentiert Fischer.
Wie das Schild ins Kriegsgebiet kommt und wo genau es hängt beziehungsweise gehangen hat, sind unter anderem die Fragen, die die Stadt nun zu klären versucht.
Wie die MZ auf Anfrage bei der ARD erfährt, stammt die Filmaufnahme, die im „Bericht aus Berlin“ lief, von einem Besuch der Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Afghanistan.
Aufgenommen am 12. Dezember 2014 in Mazar-e Scharif im dortigen Stützpunkt der Bundeswehr. Eislebens Stadtsprecher Maik Knothe sagt gegenüber der MZ, mit einer Anfrage bei dem Sender sei man genauso weit gekommen. Wie das Schild in das Lager kommt, kann zumindest von den Fernsehmachern nicht beantwortet werden.
Recherchen im Internet fördern für das Stadtoberhaupt Überraschendes zutage. Es gibt Bürgermeister, die geben ihren Soldaten Ortsschilder sogar mit. „Das hat mich verblüfft“, sagt Fischer. Sie habe das nicht getan. Bekannt seien ihr aber zwei Diebstahlsfälle der Eisleber Ortstafeln. In den Zeitraum vor 2014 falle der Diebstahl eines Schildes im August 2011, heißt es von Steffi Schwan, Sprecherin der Polizei in Eisleben, auf Anfrage der MZ.
Ob es ein gestohlenes Schild ist, ließe sich nicht auf den Fernsehbildern erkennen, sagt Jutta Fischer, der es fern liege von einem Diebstahl auszugehen. Aber: „Wenn es geklaut ist und mitgenommen wurde, ist das nicht in Ordnung“, bleibt sie bei ihrer Meinung.
Soldaten nehmen sich Erinnerungen aus Heimat mit zum Auslandseinsatz
Ganz so viel Aufregung wie in der Lutherstadt gibt es um das Eisleber Ortsschild in Afghanistan bei der Bundeswehr nicht. Genau genommen, gar keine Aufregung. Im Gegenteil. Martin Ruf vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam ist mit Blick auf die kleine Fernsehepisode völlig entspannt. Der Oberstleutnant, dessen Kommando in Potsdam sitzt und der nach eigenen Angaben auch selbst schon im Auslandseinsatz war, weiß, dass das gar nicht so selten ist, dass Soldaten sich die Heimat mit zum Auslandseinsatz nehmen.
Zum Beispiel in Form solcher Ortsschilder, die sie seines Wissens nach zumeist im Internet bestellen oder - wie das auch üblich sein soll - von den Bürgermeistern ihrer Heimatstadt geschenkt bekommen. Generell sei diese Art der Heimatverbundenheit in der Bundeswehr sehr positiv besetzt.
Im konkreten Fall des Eisleber Ortsschildes geht Oberstleutnant Ruf ebenfalls davon aus, dass die Aufnahme im afghanischen Mazar-e Scharif entstanden ist. Die NATO-Mission dort sei Ende Dezember 2014 beendet worden. Was aus dem Schild wurde, gar aus dem Soldat, der es angebracht hat, lasse sich nicht mehr zurückverfolgen.
Man kann nie wissen, vielleicht ist der Soldat längst wieder Zivilist und zurück in seiner Lutherstadt, liest dies hier und meldet sich in der Redaktion. Dann könnte man die ganze Geschichte erzählen. Auch die Oberbürgermeisterin wäre daran interessiert. (mz)