Eisleben Eisleben: Zeugnisse aus der Bronzezeit
EISLEBEN/MZ. - "50:50" - so schätzte der Archäologe Torsten Montag die Chance auf Funde ein, als er und sein Team Mitte Mai am Eisleber Klosterplatz mit ihrer Grabung starteten. Die Wohnungsbaugenossenschaft Eisleben errichtet hier einen Neubau für ein Senioren-Wohnprojekt, und parallel zu den Erdarbeiten untersuchte der Archäologe dasGelände.
Und gemessen an seiner Erwartungshaltung ist Montag jetzt, zum Abschluss der Grabung, mit den Ergebnissen zufrieden: "Wir haben viel gefunden." Interessant seien vor allem drei kleine Bronzefragmente, wahrscheinlich Schmuck-Teile. "So etwas findet man sonst meistens nur in Gräbern, in Siedlungen ist das sehr selten." Die Fragmente sollen nun näher untersucht und möglicherweise auch restauriert werden.
Dass Montag vorher nicht genau wusste, womit er rechnen könnte, hängt mit früheren Grabungen in diesem Bereich zusammen. Während zum Beispiel bei Bauarbeiten in der Steinkopfstraße - Höhe Arbeitsamt - nichts Bemerkenswertes gefunden worden sei, habe man im Kreuzungsbereich Steinkopf- / Karl-Fischer-Straße mehrere Siedlungsgruben entdeckt. Und auf solche Gruben, die sich als dunkle Verfärbungen im Boden zeigen, ist nun auch Montag gestoßen. "Wir haben insgesamt 42 Gruben gefunden, mit einem Durchmesser von einem bis zu zweieinhalb Metern und einer Tiefe von 20 Zentimetern bis zu eineinhalb Metern", so der Archäologe. Die meisten hätten Trapez- oder Kegelform. "Das spricht für Vorratsgruben. Später wurden sie dann zum Teil als Abfallgruben genutzt." Ein größerer Grubenkomplex könnte als Lehm-Entnahmestelle für den Hausbau gedeutet werden. Zudem sei auch gebrannter Lehm mit Abdrücken von Flechtwerk gefunden worden, was ebenfalls für die Verwendung als Baumaterial spreche. Pfostengruben, das sind Reste von Häusern oder Zäunen, habe man aber nicht gefunden. Unterstützt wurden Montag und seine Mitarbeiter Jürgen Einicke und Gerhard Wagner zeitweise von ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern sowie von zwei Mitarbeitern der Wohnungsbaugenossenschaft.
Anhand der zahlreichen Funde in den Gruben, vor allem Keramik, aber auch Tierknochen und Mahlsteine, datiert sie der Archäologe auf die späte Bronze- / frühe Eisenzeit (etwa 1 000 v. Chr.). Eine Grube stamme aus dem Mittelalter, eine aus der Neuzeit. Dass das Grundwasserniveau heutzutage deutlich höher liegt, lässt sich gut daran erkennen, dass das Wasser in einigen Gruben über der früheren Sohle steht. Interessant sei, so Montag, dass das Gelände zur Steinkopfstraße hin ansteige. "Das könnte bedeuten, dass wir uns hier im Uferbereich des Faulen Sees befinden. Wobei natürlich die Frage ist, ob der in der Bronzezeit schon existierte." Der Faule See, der im 12. Jahrhundert trockengelegt wurde, erstreckte sich im Bereich des heutigen Schlossplatzes bis zur Magdeburger Straße.