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Einzelhandel Einzelhandel: "Schatzkästchen" muss schließen

Von jörg müller 16.03.2013, 17:20
Peter Kirsch im „Schatzkästchen“. Das Geschäft in der Sangerhäuser Straße schließt zum 30. April.
Peter Kirsch im „Schatzkästchen“. Das Geschäft in der Sangerhäuser Straße schließt zum 30. April. Klaus Winterfeld Lizenz

eisleben/MZ - „Ladenflächen zu vermieten“, „Gewerberäume zu vermieten“ - diese Schilder hängen rund um den Großen HO in Eisleben mittlerweile in fast jedem zweiten Schaufenster. Jetzt verliert die Sangerhäuser Straße ein weiteres attraktives Geschäft: Susanne und Peter Kirsch schließen zum 30. April ihr „Schatzkästchen“ - nach immerhin knapp 23 Jahren. Am kommenden Montag beginnt der Räumungsverkauf. „Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, wir waren ja immer mit viel Herzblut dabei“, sagt der 62-jährige Peter Kirsch. „Vor allem tut es uns für unsere vielen treuen und lieben Stammkunden leid, aber es ging einfach nicht mehr.“ Das Hauptproblem sei: „In Eisleben fehlt die Laufkundschaft, die Individual-Touristen.“

Bus-Touristen haben keine Zeit

Kirsch kann die Situation gut mit Quedlinburg vergleichen, weil die Familie dort seit sechs Jahren eine Filiale betreibt; vor einem Jahr ist sogar noch eine zweite hinzugekommen. „2012 war für uns als Unternehmen das beste Jahr in unserer Geschichte“, so Kirsch. „Eisleben hat allerdings zum Gesamtumsatz nicht einmal 15 Prozent beigetragen.“ Ein weiterer Vergleich zeigt die Ursache dafür: „Im vergangenen Jahr hatten wir in Eisleben insgesamt 6 500 zahlende Kunden, in Quedlinburg waren es allein im Dezember 8 400.“

Mit seinem Sortiment - hochwertige Haushalts-, Glas-, Porzellan- und Geschenkartikel - sei das „Schatzkästchen“ einfach auf wechselnde Kundschaft angewiesen. „Wer eine Qualitätspfanne kauft, benötigt ja die nächsten Jahre keine mehr.“ Und in dieser Beziehung sei Quedlinburg ein viel besseres Pflaster. „Dorthin fahren viel mehr Individual-Touristen, die ein paar Tage bleiben und dann auch mal einkaufen gehen.“ Nach Eisleben kämen dagegen vor allem Busreisende, die gar keine Zeit zum Bummeln hätten. „Manchmal kommen die Touristen ins Geschäft und gucken sich etwas an. Aber meistens drängelt dann gleich wieder jemand: Wir müssen los, der Bus wartet“, erzählt Kirsch.

In der Innenstadt fehlt Magnet

Aber nicht nur an Kunden mangele es in Eisleben. „Hier gibt es keine Einkaufskultur, keinen richtigen Branchenmix. Und es fehlt ein Magnet in der Innenstadt. Darunter leiden alle Einzelhändler“, so der Unternehmer. Auch die Stadtverwaltung mache es den Händlern schwer. „Das sind viele Kleinigkeiten. Ein Beispiel: In Sangerhausen, Hettstedt und sogar in Quedlinburg kann man mit dem Auto zum Markt fahren. Hier ist das nicht möglich.“ Insgesamt sei das Eisleber Zentrum nicht attraktiv genug, was den Handel betreffe. „Es funktioniert nicht, die Leute in die Stadt zu locken“, so Kirsch.

Geplante Übergabe ist gescheitert

Ursprünglich hatten die Kirschs geplant, das „Schatzkästchen“ an eine ehemalige Mitarbeiterin zu übergeben. Dies sei jedoch an der Finanzierung gescheitert. „Deshalb haben wir schweren Herzens beschlossen, Eisleben aufzugeben“, sagt Kirsch. Seine Frau, die das Geschäft 1990, genau am Tag der Währungsunion, eröffnet hatte, werde künftig etwas kürzer treten und sich zum Beispiel um die Buchhaltung kümmern.

Kirsch selbst führt in Quedlinburg das „Sternehaus“, wo er vor allem die berühmten Herrnhuter Sterne anbietet; der Sohn Matthias hat vor sechs Jahren die „Schatzkästchen“-Filiale am Quedlinburger Markt übernommen. Die Eisleber Mitarbeiterinnen werden mit nach Quedlinburg wechseln. „Wir wollen jetzt noch etwas im Internet machen“, sagt Kirsch. An Ruhestand denke er noch nicht: „Ich bin mit Leib und Seele Händler. Ich stehe gern im Geschäft und rede mit den Kunden. So lange ich gesund bleibe, will ich noch ein paar Jahre weiter machen.“