Bieling und Richter in Eisleben Bieling und Richter in Eisleben: Traditionsreiches Unternehmen schließt nach 139 Jahren

Eisleben - Passanten bleiben vor dem Eisleber Musikinstrumentengeschäft Bieling und Richter am Markt stehen und lesen: „Nach 139 Jahren schließen wir unser Geschäft im Februar 2017“. Geschäftsinhaber Harald Detjen fiel es schwer, dieses Schild ins Schaufenster zu stellen. 56 Jahre lang war es sein Leben. Doch es gibt kein Zurück mehr: Das traditionsreiche Haus schließt seine Pforten.
Internet macht dem Eisleber Geschäftsführer die Kunden streitig
Wirtschaftliche Gründe zwingen Detjen zu diesem Schritt: Ständig steigende Kosten und sinkende Umsätze machten ihm in den zurückliegenden Jahren zunehmend das Leben schwer. Was ihn besonders ärgert: „Oft kamen Kunden nur noch zu uns, um sich beraten zu lassen. Anschließend bestellten sie im Internet.“ Zu einem Verkaufsabschluss sei es bei ihm kaum noch gekommen.
Die angekündigte Schließung wird vor allem von alteingesessenen Eislebern bedauert. Wieder gehe in der Innenstadt die Geschichte eines Familienunternehmens zu Ende, gehe eine Tradition verloren, sagen sie.
Dem inzwischen 72-jährigen Detjen wäre es auch lieber gewesen, wenn das Geschäft fortbestehen könnte. „Ich hätte zwar mit meiner Tochter eine Nachfolgerin für den Laden. Aber ich könnte ihr das Geschäft nicht ruhigen Gewissens übertragen“, erklärt er. Sie führte den Laden in der Vergangenheit mit ihm zusammen und wird sich für die Zukunft beruflich neu orientieren müssen.
Musiker Bieling und Richter gelten als Gründer des Geschäftes
Detjen hatte das Geschäft in der dritten Generation. Er übernahm es von seiner Mutter, die nach dem Tod seines Vaters bis 1972 in dem Musikinstrumentenladen stand. Großvater Otto Detjen war es, der die Familiengeschichte begründete. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg übernahm er den Laden von der Sangerhäuser Pianofortefabrik, so die Erinnerung seines Enkels. Die eigentlichen Gründer sind nach der Überlieferung die Eisleber Musik Bieling und Richter gewesen, deren Namen das Geschäft heute noch trägt.
Der Laden sei immer privat gewesen, sagt Detjen. Auch zu DDR-Zeiten. In Erinnerung an jene Jahre ist ihm unter anderem geblieben, dass dem Laden beispielsweise pro Jahr ein Gitarrenbänkchen zugeteilt wurde. „Das konnte ich mir im Vogtland abholen.“ Diesen Aufwand wollte er nicht noch einmal betreiben. Wie es damals üblich war, fuhr er zum nächsten Besuch mit frischen Äpfeln aus der Region bei den Instrumentenbauern im Vogtland vor. „Die waren dort nämlich nur schwer zu bekommen.“ Im Gegenzug fiel die Ausbeute an Instrumenten für den Verkauf in Eisleben größer als die staatliche Zuteilung aus.
Geschäft in der Eisleber Innenstadt hatte einst auch eine Werkstatt
Eine Werkstatt für Musikinstrumente gehörte lange Zeit bei Familie Detjen zum Geschäft. Der langjährige Mitarbeiter machte sich schließlich auf Anraten seines Chefs in einer kleinen Werkstatt in Bornstedt selbstständig. Das passierte im gegenseitigen Einvernehmen und angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation. Detjen: „Aufträge vermittelte ich auch danach an ihn weiter.“
Wenn Detjen der Abschied auch schwer fällt - er war gern unter Leuten und liebte seine Arbeit - langweilig wird es ihm im Ruhestand wohl nicht werden, davon ist er überzeugt. Auf seinem kleinen Weinberg bei Höhnstedt gebe es immer etwas zu tun. (mz)
