Bergbautradition im Mansfelder Land Bergbautradition im Mansfelder Land: Platzkegeln stirbt aus

Helbra - „Gut Holz“, rufen sich die Spieler der Mannschaften aus Annarode und Benndorf zu, und das Landesliga-Spiel der Platzbahnkegler beginnt. Sechs Männer pro Mannschaft, alle im Alter von 30 an aufwärts, wollen die neun Kegel abräumen, indem sie ihre Kugeln danach werfen. Andreas Wieprich ist dem Platzbahnkegeln seit fast 40 Jahren treu. „Platzbahnkegeln ist eine Generationssportart“, sagt das Benndorfer Mannschaftsmitglied. „Mein Großvater und mein Vater haben es schon gespielt und jetzt auch meine Söhne.“ Er erinnert sich noch genau, wie er als Kind als Aufsteller der Kegel angefangen hat. „So geht es bei jedem jungen Spieler los. Die Regeln sind dann gleich intus“, erklärt Wieprich.
Doch die Jugend ist genau das Problem, vor dem die Sportart im Mansfelder Land steht. „Was wir als Jugend bezeichnen, sind Sportler ab 25 Jahren. Das ist mit den populäreren Sportarten nicht vergleichbar“, sagt der Verbandsvorsitzende der Platzbahnkegler Sachsen-Anhalt, Wolfram Heilek. Aktuell seien 180 Mitglieder im Verband gemeldet. 8 Vereine und 21 Mannschaften spielen in drei Staffeln. „Doch in den vergangenen Jahren haben sich schon Mannschaften oder ganze Staffeln abmelden oder verkleinern müssen, weil keine jungen Spieler nachkommen“, erklärt Heilek.
Seit 800 Jahren im Mansfelder Land
Dem Platzbahnkegeln geht es damit nicht anders als dem gesamten Mansfelder Land. Nach der Wende wanderten viele Sportsfreunde wegen besserer Arbeitschancen in die westlichen Bundesländer ab. Auch der demografische Wandel lässt die Bevölkerungszahlen im Landkreis Mansfeld-Südharz deutlich sinken und somit auch wenig sportlichen Nachwuchs nachkommen.
2014 lebten nur noch etwa 142.700 Menschen dort, vor vier Jahren waren es laut Statistischem Landesamt noch 150 300. Und laut Prognose werden es in zehn Jahren sogar nur noch etwa 112.250 Einwohner sein. Ein Niedergang für die Bergbautradition Platzbahnkegeln, die die Kumpel vor etwa 800 Jahren ins Mansfelder Land brachten. Nur hier wird es noch gespielt.
„Wir haben versucht, das Platzbahnkegeln zu verbreiten. Doch selbst in nahe gelegenen Orten wie Aschersleben kennt man die Sportart schon nicht mehr. Somit ist keiner vor Ort, der die Regeln einführen könnte“, sagt Verbandschef Heilek, der selbst aktiv bei Annarode spielt. Ein Problem ist auch, dass es die Sportgeräte so in keinem normalen Sportgeschäft gibt. So müssen die Holzkugeln und -kegel schon mal selbst hergestellt oder in Auftrag gegeben werden. Dabei ist das Platzbahnkegeln in den Orten, wo es gespielt wird, richtig populär.
„Im Mansfelder Land ist jeder heiß auf das Platzbahnkegeln“, sagt Heilek. Vier Mannschaften gibt es allein in Benndorf, drei sind es in Annarode. Auch bis zu 80 Zuschauer sind bei einem Spiel dabei. Axel Müller ist sei fünf Jahren aktiv in der Annaroder Mannschaft. „Es schweißt zusammen und es ist auf gar keinen Fall Alte-Leute-Kram“, betont der 45-Jährige. Für ihn wäre es schlimm, wenn diese Tradition verloren ginge. (dpa)