1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Bauern verfüttern Milch an Kälber

Bauern verfüttern Milch an Kälber

Von Jörg Müller 29.05.2008, 15:54

Eisleben/MZ. - geht schließlich um unsere Existenz." Der Betrieb mit 220 Kühen liefert seit Mittwoch keine Milch mehr an die Molkerei - aus Protest gegen die zu niedrigen Erlöse. Die Milch, immerhin 5 500 bis 6 000 Liter pro Tag, wird an die Kälber verfüttert beziehungsweise in Güllegruben geschüttet. "Das ist schon schlimm, gerade wenn man an den Hunger in der Welt denkt", so Meyer. "Dass es einmal so weit kommt, hätte ich mir nie träumen lassen. Aber was sollen wir machen?"

32 Cent pro Kilogramm Milch zahle die Molkerei zurzeit, "mit sinkender Tendenz", so Meyer. Etwa 40 Cent müssten es sein, um kostendeckend zu produzieren. Die Landwirte leiden dabei besonders unter einer geballten Kostensteigerung: Ob Futter, Diesel, Energie oder Dünger - alles habe sich in kurzer Zeit auf das Doppelte bis Dreifache verteuert. "Wir hoffen, dass auch die Kunden Verständnis für unsere Aktion haben", so Meyer. Nicht zuletzt drohe ja der Verlust von Arbeitsplätzen in der Region: Die Agrar e. G. beschäftigt insgesamt 22 Mitarbeiter, zehn davon in der Milchproduktion.

Solidarisch mit dem Protest zeigt sich der Polleber Ortsbürgermeister Friedrich-Wilhelm Drechsler. "Es kann doch nicht sein, dass Selters im Laden teurer ist als Milch", sagte Drechsler, der selbst Landwirt ist. Meyer und Drechsler kritisierten zudem die ihrer Ansicht nach fehlende Unterstützung der Milchbauern durch den Landesbauernverband. "Das ist eine Schande", so Drechsler.

Die Einigkeit unter den Landwirten vermisst auch Eva Wege, Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs in Seeburg. "Wir sollten jetzt Geschlossenheit demonstrieren", sagte sie. "Ich appelliere an alle Milchviehhalter, bei dem Lieferstopp mitzumachen. Je mehr wir sind, desto mehr können wir erreichen." Der kleine Familienbetrieb mit 60 Milchkühen boykottiert seit Mittwoch die Molkerei. Die Milch, täglich rund 1 000 Liter, wird verfüttert. "Das tut einem in der Seele weh", so Wege. "Wir sind ja Bauern mit Leib und Seele." Aber die Situation sei über die Jahre immer schlechter geworden, und alle Proteste hätten nichts gebracht. "Als einzige Möglichkeit bleibt uns nur noch der Lieferstopp", so Wege. "Wir sind doch keine Marionetten von Handel und Molkereien.""

Das sieht auch Harald Sondermann so, Vorsitzender der Agrargenossenschaft Wiederstedt. Der Betrieb hält 350 Milchkühe, die täglich rund 8 500 Liter geben. "Wir bringen die Milch auf die Felder aus", so Sondermann. "Das ist hart, aber es ist das letzte Mittel." Bislang könne der Wiederstedter Betrieb, der 22 Mitarbeiter beschäftigt, die Verluste bei der Milch noch durch Gewinne beim Ackerbau ausgleichen. "Aber das wird immer schwieriger", so Sondermann.