Argentinien Argentinien: Todessturz in den Anden
Osterhausen/MZ. - Es sollte die Reise ihres Lebens werden. Ingrid und Jörg Bareuther aus Osterhausen wollten die Welt umrunden. Vor zwei Jahren sind die Eheleute aufgebrochen. Doch die Traumreise ist zum Albtraum geworden. Bei einem Unglück in den Anden hat das Abenteuer ein tragisches Ende gefunden. Die 45-jährige Ehefrau stürzt am 4. Mai in einen 50 Meter tiefen Abgrund und stirbt.
Ihr Ehemann, der inzwischen wieder bei seinen Eltern in Osterhausen ist, kann es immer noch nicht fassen, was an jenem Tag hoch oben auf einer schmalen Gebirgsstraße in Argentinien passiert ist. "Sie hatte Angst, dass wir mit dem Geländewagen eine Felswand rammen", erzählt der 48-jährige Ehemann mit gedrückter Stimme. Deshalb sei sie an engen Stellen aus dem Fahrzeug gestiegen, um ihn zu manövrieren. Dabei geschieht es: Sie tritt vermutlich in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit über die Kante der Straße und fällt hinunter. "Mir stand das Herz still", erinnert sich Jörg Bareuther noch genau an jenen schrecklichen Augenblick, der sein ganzes Leben aus der Bahn warf.
Als er bemerkt, dass sich seine Frau noch bewegt, seilt er sich den Hang hinab. Doch er kann ihr nicht mehr helfen. "Sie starb in meinen Armen." Jörg Bareuther muss schlucken und er fügt hinzu: "So konnte ich wenigstens noch Abschied von ihr nehmen." Als er sich von dem Schreck und der Trauer einigermaßen erholt hat, birgt er seine tote Frau und macht sich auf die letzte gemeinsame Reise mit ihr.
Da langsam dämmert es ihm: "Mein Leben hat eine kolossale Vollbremsung gemacht." Nach einer 1 500 Kilometer langen Fahrt quer durch Argentinien kommt er knapp eine Woche später auf dem Flughafen in Buenos Aires an. Die Behörden dort sperren ihn allerdings erstmal in Arrest. Bis geklärt ist, dass es sich wirklich um einen Unfall gehandelt hat.
Seine Frau muss auch noch einbalsamiert werden, so wie die Vorschriften des dortigen Gesundheitsministeriums es vorsehen, ehe er am 11. Mai mit dem Sarg nach Frankfurt/Main fliegen kann. Vor zwei Tagen haben auch die deutschen Behörden den Leichnam freigegeben, so dass Ingrid Bareuther nun am Freitag in Osterhausen beerdigt werden kann. Ihrem Ehemann bleiben die Erinnerungen an "zwei wundervolle Jahre", die die beiden bei ihrer Tour quer durch Amerika verbracht haben.
Insgesamt 13 Länder haben sie mit ihrem Offroader "Arminius" durchquert. Immer abseits der bekannten Touristenpfade. Auf der Suche nach dem ursprünglichen Leben der Leute. Dieser Weg führt sie auch ins Kinderdorf "Munaychay" nach Peru, wo sie mithelfen, eine Straße zu bauen. Das Dorf ist von einer privaten Initiative gegründet worden, um den Indio-Kindern in den Bergdörfern das Lesen und Schreiben beizubringen.
Und so abwechslungsreich haben es sich die unternehmungslustigen Eheleute auch gewünscht, als sie am 4. April 2010 von Osterhausen aus in die weite Welt aufgebrochen sind. Jörg Bareuther, der mit Geburtsnamen eigentlich Fischer hieß, aber nach der Heirat den Namen seiner Frau annahm, stammt aus dem Ort. Der studierte Agraringenieur hat bis zum Herbst 1989 in der LPG in Rothenschirmbach gearbeitet. Nach dem Mauerfall geht er nach Göttingen. Er schult um, wird Fahrlehrer und lernt dort auch seine spätere Frau, eine Journalistin, kennen. Im Jahre 1999 brechen beide die Brücken zu ihrem alten Leben ab. Das Abenteuer lockt sie in die Welt.
Sie werden Tauchlehrer auf den Malediven, gehen dann nach Ägypten, wo sie sich eine neue Existenz aufbauen und für ihren großen Traum, eine Weltumrundung, sparen. Als sie das Geld für einen gebrauchten Unimog aus UN-Beständen der Bundeswehr zusammen haben, brechen sie auf. Bis das Schicksal zuschlägt. Wie es jetzt nach dem Tod seiner Frau in seinem Leben weitergeht, weiß Jörg Bareuther nicht. "Ich bin in ein riesiges Loch gefallen", sagt er.