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Anschlag in Eisleben Anschlag in Eisleben: Schweineohr an ehemalige Synagoge geschraubt

Von Ronald Dähnert 02.02.2015, 10:09
Das Schweineohr an der ehemaligen Eisleber Synagoge.
Das Schweineohr an der ehemaligen Eisleber Synagoge. Jürgen Lukaschek Lizenz

Eisleben - Rüdiger Seidel ist fassungslos. Der Chef des Fördervereins der ehemaligen Eisleber Synagoge ist am Montagmorgen darüber informiert worden, dass Unbekannte an die Tür des Gebäudes in der Lutherstraße ein Schweineohr geschraubt haben.

Nach Seidels Worten handelt es sich „ganz klar um einen antisemitischen Anschlag“. Schweine gelten im jüdischen Glaube als „unreine“, also als nicht koschere Tiere und werden deshalb auch von Juden nicht gegessen. Deshalb stehe für Seidel auch fest: „Das Schweineohr ist ein deutlicher Angriff auf den jüdischen Glauben“.

Der Sammelbegriff Staatsschutz bezeichnet den Schutz eines bestehenden Staates vor insbesondere politisch motivierten, staatsbedrohenden Aktivitäten im Rahmen polizei- und ordnungsbehördlicher Maßnahmen. Der Begriff wird nur im deutschsprachigen Raum verwendet, geprägt wurde er schon in der Weimarer Republik.

Klassische Staatsschutzdelikte sind gegen die Existenz, Verfassung oder Sicherheit des Staates gerichtete Straftaten wie beispielsweise Terrorismus, Friedens-, Hoch- und Landesverrat. In Deutschland wird die Aufgabe des Staatsschutzes insbesondere vom Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, vom Militärischen Abschirmdienst, vom Bundesnachrichtendienst sowie von den örtlich übergeordneten Polizeidienststellen der Kriminalpolizei, insbesondere dem Polizeilichen Staatsschutz dessen Aufgabe die Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität ist, wahrgenommen.

Eine Nachbarin der Synagoge hatte Seidel telefonisch von dem an die Tür geschraubten Schweineohr informiert. Die daraufhin von Seidel alarmierte Polizei schickte Mitarbeiter des Staatsschutzes, die die Ermittlungen aufgenommen haben. Wie Polizeisprecher Heiko Prull mitteilte, greife der Staatsschutz ein, weil eine „politische Motivation nicht auszuschließen ist“. Der polizeiliche Staatsschutz ermittle wegen „Beleidigung und Sachbeschädigung“, so Prull.

Entsetzen und Abscheu

Entsetzen und Abscheu herrschten bei der Eisleber Oberbürgermeisterin Jutta Fischer (SPD) über die Schändung der ehemaligen Synagoge. Auch sie spricht in einer Stellungnahme von einem „eindeutig antisemitischen Hintergrund“ der Tat. „Als Oberhaupt dieser Stadt hoffe ich, dass die Täter gefunden und entsprechend zur Verantwortung gezogen werden“, heißt es weiter in dem Statement. Es sei „eine schwere Verfehlung“, das Judentum „mit einem Schwein in Verbindung zu bringen“. Selbst wenn es sich um einen dummen Jungenstreich handelt würde, so die Oberbürgermeisterin, habe die „schreckliche Tat einen ernsthaften Hintergrund“.

Vorangegangene Angriffe

Es ist nicht der erste Angriff auf die ehemalige Synagoge in der Lutherstraße. Im November 2004 waren Fenster der Synagoge nach einem Aufmarsch der NPD eingeschlagen worden. Für Seidel stand der Anschlag im Zusammenhang damit, dass an diesem Tag ungefähr 100 Neonazis durch Eisleben marschiert waren.

Im März 2009 waren faschistische Parolen und Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen an die Fassade der Synagoge geschmiert worden. Zudem waren Stolpersteine am Eisleber Markt mit Farbe besprüht worden. Auch damals hatte der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen.

Hinweise zum Anschlag auf die Synagoge nimmt die Polizei unter 03475/67 00 entgegen.