Zwischenstopp in Dessau Zwischenstopp in Dessau: Stefan Horvath wandert seit über 30 Jahren um die Welt

Dessau - Stefan Horvath nennt sich selbst einen Weltfriedenswanderer. Wer den 60-Jährigen kennenlernt und ihm zuhört, glaubt eher, einem Weltfriedensprediger zu begegnen. Denn der gebürtige Österreicher wandert seit mehr als 30 Jahren nicht nur in die Krisenregionen im Land und in der Welt, sondern redet vor seinen Zuhörer ohne Punkt und Komma von seiner Mission.
Also um den Frieden geht es, um Menschlichkeit untereinander und Toleranz zueinander. Am Donnerstag und Freitag hatte Horvath - aus östlicher Richtung von Wittenberg kommend - Dessau erreicht. Hier war er schon einmal vor fast 20 Jahren. Nur einen Steinwurf weit entfern in der Zerbster Straße im Dorint-Hotel.
Beim Jahrhunderthochwasser im August 2002 hat er mit angepackt, als der Schwedenwall bei Waldersee gebrochen war. „Da standen alle Menschen in Dessau und ihre Helfer aus dem ganzen Land füreinander ein“, erinnert sich Horvath an die ebenso bedrohliche wie ermutigende Stimmung zu dieser Zeit.
„Gehe einmal im Jahr irgendwohin, wo du noch nie zuvor warst“
Auf die Socken und Wanderschuhe hatte sich der 1958 geborene Wiener im deutschen Wendejahr 1989 gemacht. „Nach dem Mauerfall habe ich dann Wien verlassen und bin zum ersten Mal durch den Osten Deutschlands gelaufen.“ Die Stadt seiner Kindheit und Jugend hat der Sohn österreichisch-ungarischer Eltern seither nie wieder gesehen, als er mit 31 Jahren auf Wanderschaft ging.
„Es zieht mich auch nichts dorthin zurück“, hält es der Weltenbummler da mehr mit dem Dalai Lama, als dem spirituellen Lehrer des Tibetischen Buddhismus: „Gehe einmal im Jahr irgendwohin, wo du noch nie zuvor warst.“
Dieser Leitspruch hat Stefan Horvath inzwischen über 43.000 Kilometer lang durch die Welt geführt. In Summe ist das in mehr als 30 Jahren mehr als eine Tour rund um den Globus geworden. Zum überwiegenden Teil zurückgelegt auf Wanderschuhen. Gelegentlich und bei unerträglicher Witterung auch mal per Anhalter.
Über 50 Paar Wanderschuhe hat er im Wortsinne abgetragen
Über 50 Paar Wanderschuhe hat er im Wortsinne abgetragen. Ersetzt wurden „Schusters Rappen“ dann jeweils bei Bedarf durch Spenden, die der umtriebige Prediger auf seinen Stationen in Geschäften, Rathäusern oder bei Firmen einsammeln konnte. „Man braucht zum Leben gar nicht so viel“, philosophiert Horvath.
Ein Essen am Tag, genug Wasser zum Trinken und eine Schlafstätte zur Nacht - auf diesen minimalisierten Anspruch reduziert sich der Bedarf eines Weltenbummlers, der weder über eine Wohnung verfügt noch krankenversichert ist. Aber beseelt von dem Gedanken, das Thema Frieden und Toleranz in den Köpfen der Menschen zu verankern.
Mitte der 1990er Jahre tobte Krieg im einstigen Jugoslawien. Da hat Horvath Hilfstransporte organisiert und ist mitgefahren mit dem Transport-Lkw. Im gleichen Jahr erschütterte die Meldung vom Völkermord in Ruanda von den Hutu an der Tutsi-Minderheit die westliche Welt. Nach dem Morden folgte die Hungersnot.
Das Mundwerk, so sagt er, sei seine einzige Waffe
Horvath hatte in der Thüringer Landesregierung Mitstreiter gefunden und das Projekt „Thüringen hilft Ruanda“ mit auf den Weg gebracht. Mit seinen gesammelten Spenden von 10.000 D-Mark konnte eine zusätzliche Lebensmittel-Palette im Hilfstransport der Bundeswehr-Luftwaffe nach Kigali geflogen werden.
In dieser Relation von Not und Leid mahnt Horvath die Deutschen zur Mäßigung. „Euch geht es so gut. Aber ihr meckert rum.“
Auch sein Wiedersehen mit Dessau gibt ihm zu denken. Im Eiscafé erregten sich einige Gäste über vorbeikommende Migranten. Bis Horvath der Hut hoch geht: „Bitte hier keinen Rassismus. Das sind alles Menschen wie Ihr und ich!“
Das Mundwerk, so sagt er, sei seine einzige Waffe. Und die wolle er nutzen. Jetzt und weiterhin (mz)