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Zeitgenössisches Forum Leipzig Zeitgenössisches Forum Leipzig: Eine Reise durch deutsche Geschichte

Von Rüdiger Krone 19.11.2001, 18:23

Leipzig/Dessau/MZ. - "Eine wichtige, sehr beeindruckende Ausstellung", so hat Herbert Dreyer aus Hannover der Geschichts-Schau ins Besucherbuch geschrieben. Und das Kompliment aus Niedersachsen gilt den Hobby-Historikern aus Dessau und 15 anderen ostdeutschen Kommunen, die für den Streifzug durch die Geschichte ihrer Heimatstädte den Weg erkundet und abgesteckt haben.

Geschichts- und Kulturvereine, Schulen, Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung, aber auch interessierte Bürger waren im Nachwende-Jahrzehnt in ihren Heimatorten auf Spurensuche. Sie befragten Zeitzeugen, fanden unbekannte Quellen und Zeugnisse und beteiligten sich an der Sicherung von Denkmälern.

Viele Publikationen, Ausstellungen, Vorträge und Materialien dokumentieren diese Arbeit, die von der Robert-Bosch-Stiftung gefördert worden war. Freilich nur ein sehr kleiner Teil der Resultate, die zuvor immerhin Stoff für 180 Einzelausstellungen geliefert haben, konnte Eingang in die Wanderausstellung finden, die vor allem Menschen im westlichen Teil Deutschlands die Begegnung mit Orten deutscher Geschichte in den neuen Bundesländern vermitteln wollte.

Ein weitgehend unbekanntes Land war Deutschlands Osten für viele im westlichen Teil ja noch Jahre nach Fall der Grenzen. "Geteilt - vereint - gefunden", der Titel der Ausstellung ist damit zugleich Programm. Jeweils einen thematischen Mosaikstein aus ihrer reichen Geschichte fügen die Arbeiten aus den 16 Kommunen in diesen eindrucksvollen historischen Bilderbogen ein. Seit dem 15. November und noch bis zum 13. Januar ist die Schau nun im Zeitgenössischen Forum im Zentrum Leipzigs zu sehen.

Über 18 Monate war die Exposition nach ihrem Start im Bonner "Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" über Stationen in Bayern, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Ex-Westberlin und Niedersachsen gereist.

"Gewissermaßen zum Ausgangspunkt zurück gekehrt" sei nun die Geschichtsausstellung ostdeutscher Bürger, sagt Projekt-Koordinator Hans-Rüdiger Merten zum jetzigen Tournee-Abschluss in der sächsischen Messemetropole. Erfüllt habe sich das Anliegen allemal. "Ein Bildungsprogramm vor Ort in den teilnehmenden Städten, aber zugleich für die Bürger im alten Bundesgebiet" , so benennt Merten den doppelten Zweck des Vorhabens.

"Spuren jüdischen Lebens in Dessau" ist der thematische Beitrag aus der Muldestadt überschrieben Und dies ist nur eines von neun Themen, um die sich die Teilnehmer des hiesigen "Orte"-Forschungsprogramms verdient gemacht haben. Wenige Schautafeln mit Fotos und Geschichtsdaten, dazu ein paar wertvolle Leihgaben aus dem Museum für Stadtgeschichte müssen genügen, um diesen wichtigen Aspekt in der Historie der anhaltischen Hauptstadt im Kontext der Gesamtausstellung zu skizzieren: Stadtansichten vor der Zerstörung, die einstige Synagoge, das Kantorhaus, Porträts von Fürst Franz, Moses Mendelssohn, Kurt Weill und anderen bedeutenden Persönlichkeiten, auch ein Bild von der "neuen Klagemauer", die Ende der 90-er Jahre von Mitgliedern der neuen Jüdischen Gemeinde aus Grabsteinen auf dem israelitischen Friedhof errichtet wurde.

Mit wenigen Sätzen und Geschichtsdaten wird das im Projekt-Team sehr viel differenzierter aufgearbeitete Kapitel jüdischen Lebens vor den Hintergrund der Gesamtentwicklung Dessaus projiziert. Auch die Wiege der mitteldeutschen Industrie, die Junkersstadt, die Bauhausstadt, die "sozialistische Großstadt" sind skizzenhaft berührt.

Dessau ist nur eine der vier sachsen-anhaltischen Stationen auf dieser fiktiven Reise durch Orte der deutschen Geschichte in den neuen Bundesländern. Halberstadt präsentiert sich mit seiner Entwicklung vom Bischofssitz zur Hansestadt. Quedlinburg zeichnet eine beurkundete klassische Stadtentwicklung im Deutschland des zweiten Jahrtausends nach. "Leuna - Ort und Werk von Janusköpfigkeit", ist der Ausstellungsbeitrag der Chemiestadt überschrieben.

Die Ausstellung befindet sich im Zeitgenössischen Forum Leipzig, Grimmaische Straße 6. Der Eintritt ist kostenlos.