Zäune versperren Weg zur Rabestraße
Dessau/MZ. - Ursache ihres Ärgers: Seit etwa drei Wochen ist der kleine Weg zwischen der Marienstraße und der Rabestraße durch Zäune versperrt. "Das bedeutet einen Umweg von bis zu einem Kilometer", so Hoffmeier. Was gerade für die vielen Älteren in dieser Gegend ein großes Problem sei, wie etwa Gisela Schulze, die schwer gehbehindert ist und an zwei Krücken laufen muss. "Wir sind abgeschnitten", sagt Ingetraud Henning, "das ist der Weg in die Stadt, zur Bushaltestelle, zum Einkaufen, zum Friseur." Aber auch die Caritas-Kita, die Freie evangelische Gemeinde sowie Händler und Gewerbetreibende seien von der Sperrung des Weges betroffen. "Hier sind bestimmt 300 bis 500 Leute täglich langgegangen", so Peter Hampe.
Der Weg verläuft über das Grundstück des Blocks Rabestraße 21 bis 27, der der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) gehört. "Wir mussten unser Grundstück sichern, und eine andere Möglichkeit gab es nicht, als es einzuzäunen", sagt DWG-Geschäftsführer Joachim Schlichter. "Ich verstehe den Ärger der Leute, sie tun mir auch Leid. Aber als Eigentümer tragen wir die Verantwortung und haben natürlich eine Obhutspflicht gegenüber unseren Mietern."
"Wir wollen einen sauberen, sicheren und ruhigen Hof", sagt Eicke Schönemann, der seit 1976 in dem Block wohnt. Vor allem unter nächtlicher Lärmbelästigung und Verunreinigungen hätten die Mieter zu leiden gehabt. "Da wurde sogar mit Mopeds durchgefahren", so Schönemann. "Und wir bezahlen für die Sauberhaltung des Geländes." Darauf, dass dort schon immer ein Weg war, könne man sich heute nicht mehr berufen: "Zu DDR-Zeiten war ja alles öffentlich."
Das sieht auch DWG-Geschäftsführer Schlichter so. "Das Gewohnheitsrecht greift hier nicht, weil wir den Zustand nie geduldet haben, ihn nur nicht verhindern konnten." Auch ein so genanntes Notwegerecht würde nur gelten, wenn andere Grundstücke nur auf diesem Weg erreichbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Auch die Stadt Dessau, so Schlichter, habe bei der Zuordnung der Grundstücke nach der Wende darauf verzichtet, ein öffentliches Interesse an dem Weg anzumelden. "Rechtlich ist das eine ganz klare Situation", so der Geschäftsführer, der zudem darauf verweist, dass sowohl die Wohnungsgenossenschaft als auch private Eigentümer ihre Grundstücke in ähnlicher Weise sichern. "Da regt sich niemand auf, nur bei uns."
Außer den Forderungen der Mieter, die ansonsten mit Auszug gedroht hätten, habe es noch einen weiteren Grund für die Sperrung gegeben, so DWG-Sprecher Walter Matthias: "Wenn wir öffentlichen Verkehr über unser Grundstück zulassen, dann haften wir auch." Geschäftsführer Schlichter widersprach einem Gerücht, dass die Aktion mit einem Verkauf des Hauses an einen Investor zusammenhänge. Weder dies noch ein Abriss seien derzeit geplant. Perspektivisch freilich sehe das Stadtentwicklungskonzept vor, die Marienstraße wieder wie früher bis zur Rabestraße zu öffnen. Das würde bedeuten, mindestens je einen Hauseingang der beiden Blöcke wegzunehmen. "Das passiert aber nicht heute und morgen, sondern vielleicht in zehn, zwanzig Jahren."