Wo einst der Bär steppte Wo einst der Bär steppte: Das Teehäuschen im Stadtpark Dessau feiert seinen 50. Geburtstag

Dessau - Es ist schon ein paar Jährchen her, doch Teehäuschen-Wirt Peter Wenkebach schwärmt noch heute: „Jüngelchen“ hatte Zsa Zsa Gabor, die Diva von Übersee und Gattin von Frederic Prinz von Anhalt, ihn genannt. „Das fand ich klasse“, erzählt der heute 70-Jährige und lächelt verschmitzt dabei.
Viele solcher Geschichten und Begebenheiten kann Wenkebach erzählen. Und tut es in diesen Tagen verstärkt. Aus guten Gründen: Das Teehäuschen, eröffnet 1967 als „HO-Park-Restaurant“, feiert seinen 50. Geburtstag, 35 Jahre davon unter Leitung von Peter Wenkebach.
Und für ihn rückt die Zeit des Abschieds immer näher. Aus gesundheitlichen Gründen kann Wenkebach „sein Teehäuschen“ nicht mehr weiterführen und sucht einen Nachfolger.
32 Mitarbeiter und Pauschalkräfte waren anfangs im Teehäuschen tätig
Wenkebach übernahm 1982 die Leitung der Gaststätte. Im Auftrag der damaligen Handelsorganisation (HO) der Stadt. „Damals hatte ich schon die Gaststätte ,Drushba’ (heutiges Kartoffelhaus) und den Saal der Gärungschemie, es war also mein drittes Objekt“, erinnert sich der Gastronom.
Auch daran, dass gutes Personal damals schon ein Problem gewesen ist. Was sich in der Anzahl allerdings nicht widerspiegelt: 32 Mitarbeiter und Pauschalkräfte waren anfangs im Teehäuschen tätig.
Deren Zahl sank nach der Wende stetig. Anfang der 1990er Jahre beschäftigte Wenkebach noch zwölf Mitarbeiter. Heute sind es vorrangig seine Frau und seine Tochter, die den Laden schmeißen.
In den 1980er Jahren steppte im Teehäuschen der Bär
„Es ist nicht einfacher geworden“, blickt Wenkebach auf seine Teehäuschen-Zeit, die sein halbes Leben bestimmte, wie er sagt. In den 1980er Jahren steppte in der Gaststätte im Stadtpark der Bär. „Ab 16 Uhr war hier kein Platz mehr frei“, weiß der Wirt. Am Wochenende sollte man vorbestellt haben. Die berühmten Schilder „Sie werden platziert“ habe er aber nur in Ausnahmefällen bei Sonderveranstaltungenverwendet, versichert Wenkebach. Familienfeiern und Busgruppen sorgten kontinuierlich für ein volles Haus.
Bis zu 15 Busse machten im Dessauer Stadtpark halt, um im Teehäuschen zu frühstücken, Mittag zu essen, Kaffee zu trinken oder zum Abendbrot. Es seien Betriebsausflüge und Reisegesellschaften des Reisebüros gewesen, so Wenkebach. In bester Erinnerung hat er auch die Tschechischen Wochen, zu denen regelmäßig eingeladen wurde.
Es gab die entsprechenden Gerichte und Tschechenbier, das von der Dessauer Brauerei zugeteilt wurde. An den Wochenenden fanden sich Familien zum Kaffeetrinken ein. Den Kuchen lieferte die Konditorei Mrosek. Bis zu 50 Torten wurden an einem Wochenende verspeist.
Oder Ananas- und Mandarineneisbecher, die damals immer auf der Karte standen. Was eine Rarität war. Denn die begehrten Konserven gab es nur in den Delikat-Läden. Wenkebach fuhr dafür nach Berlin und Leipzig. Der Jahresumsatz lag in den 80ern zuletzt bei 1,5 Millionen DDR-Mark.
Eine SB-Theke mit kleinem Imbiss-und Getränkeangebot ist noch heute in Betrieb
Der Kiosk-Anbau entstand Anfang der 80er Jahre. „Ich habe ihn selbst entworfen und als Neuerervorschlag eingereicht, gemeinsam mit der HO wurde er dann realisiert“, erzählt Wenkebach. Die SB-Theke mit kleinem Imbiss-und Getränkeangebot ist noch heute in Betrieb und wurde nach der Wende bereits zweimal modernisiert.
Im Zuge der „Entflechtung des sozialistischen Handels“ wurde auch das Teehäuschen privatisiert und Peter Wenkebach kaufte 1991 als Inhaber auch das Gebäude von der Stadt. Mit Stadtparkfesten, Ziegenreiterball und Feiern zum 3. Oktober war das Teehäuschen Anfang der 90er Jahre fester Bestandteil der Feierszene der Stadt.
„Mir lag es immer am Herzen, dass Dessau ein Stadtfest hat, ich wollte gemeinsam mit den Partnern etwas auf die Beine stellen“, erzählt Wenkebach. Die Dessauer kamen in Scharen, die Stimmung war ausgelassen.
„Familienfeiern haben wir immer noch viele“
Einige Jahre lief das super. Dann habe die Stadt Miete für die Nutzung der Parkfläche gewollt und Wenkebach wurde krank. Heute geht es deshalb ruhiger zu im Teehäuschen. Vor allem die älteren Dessauer kommen, viele feiern ihre Geburtstage oder Ehejubiläen hier. „Familienfeiern haben wir immer noch viele“, freut sich Wenkebach.
Nicht alle seine Träume sind in Erfüllung gegangen, „trotzdem waren es schöne Zeiten mit vielen interessanten Leuten“, sagt der 70-Jährige. Treuer Wegbegleiter seit 22 Jahren ist Hugo. Der Graupapagei hat seinen Platz in der Veranda der Gaststätte und von dort alles im Blick.
„Hast du schon bezahlt?“ ist übrigens seine meist gestellte Frage. Die Gäste tun also gut daran, ihn höflich zu begrüßen und zu verabschieden. Auch für ihn endet in diesem Jahr die Dienstzeit im Teehäuschen. (mz)

