Tiere ohne Scheu Wildschweinplage in Dessau-Roßlau: Tiere richten täglich Schäden an

DEssau-Rosslau - Kein Tag vergeht, an dem Stadtförster Guido Siebert keine Meldung von Wildschweinschäden in der Stadt erhält. „In der Wildfuhre in der Waldsiedlung Kochstedt waren die Tiere aktiv. Auch rund ums Tiefbauamt in Roßlau haben sie alles auf den Kopf gestellt“, erzählt Siebert.
Wildschweine dringen weit ins Stadtgebiet vor
Erst vor wenigen Tagen war ein Tier am helllichten Tag durch Dessau-Süd „spaziert“, in Höhe von Friedhof III hat es Siebert zusammen mit der Polizei zur Strecke gebracht. Beim ESV Stahlbau wiederum hatte eine Horde Schwarzkittel zwei Sportplätze verwüstet.
Zwar haben die Sportfreund die Plätze mittlerweile gegrubbert, gewalzt und neuen Rasen eingesät. „Aber an einen Spielbetrieb ist in diesem Jahr dort nicht mehr zu denken“, sagt Rita Bahn-Kunze vom Vereinsvorstand.
Auch Schäden am Hochwasserdeich hinter der Vogelsiedlung in Törten sind durch Wildschweine entstanden, wurde im Stadtbezirksbeirat Süd, Haideburg, Törten informiert. Das Landesamt für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft sei bereits informiert.
Was die Wildschweine anlockt
Die waldreichen Gegenden um die Stadt herum seien Wildschweinparadiese, erklärt Siebert. Paradiesisch seien jetzt auch die vielen Früchte, die von den Bäumen fallen. Und was in den vergangenen Jahren fehlte: strenge Winter. Dass die Tiere aber immer näher an die Stadt herankommen und in die Stadt - wie bei Stahlbau -, das, vermutet der Stadtförster, hat auch mit Hitze und Trockenheit zu tun.
Die Böden seien hart, doch da, wo gewässert wird, könnten die Tiere Kleinlebewesen wie Regenwürmer finden. Ein gepflegter Rasen könne wie eine Einladung wirken. Um die Tiere davon abzuhalten, gebe es nur eine Möglichkeit: Zäune. „Jeder“, appelliert er, „ist für sein Grundstück selbst verantwortlich.“
Jäger bei Abschuss nicht immer erfolgreich
Dass auch die Jäger gefordert sind, weiß Siebert. „Wir unternehmen und versuchen alles.“ Die Untere Forstbehörde habe die Jägerschaften informiert und aufgefordert, massiv tätig zu werden. Doch nicht jede Aktion ist von Erfolg gekrönt. „Das ist deprimierend“, sagt Siebert, der selbst fünf Tage hintereinander kein Tier vor die Flinte bekommen hat.
Dabei ist die Zahl der Tiere, die zur Strecke gebracht werden, in den vergangenen Jahren stets angestiegen. Wurden im Jagdjahr 2013/14 insgesamt 424 Stück Schwarzwild erlegt, waren es im Jahr darauf 200 mehr. 2015/16 wurden sogar 697 Schwarzkittel im Zuständigkeitsbereich der Stadt Dessau-Roßlau zur Strecke gebracht durch die jagdausübungsberechtigten Personen in den Eigenjagdgebieten, den Jagdgenossenschaften sowie in den Revieren des Landesforst- und Bundesforstbetriebes, erklärt Carsten Sauer, Pressesprecher der Stadtverwaltung.
Eine konkrete Aussage zum aktuellen Jagdjahr könne die Untere Jagdbehörde aber erst zum Ende des Jagdjahres treffen, das jeweils von Anfang April bis Ende März geht. Selbst wenn die Abschusszahlen weiter steigen, ahnt Sauer: „Durch das reichliche Futterangebot in diesem Jahr ist mit reichlich Nachwuchs des Schwarzwildes zu rechnen.“
Dessau-Roßlau ist kein Einzelfall
Dessau-Roßlau aber ist kein Einzelfall, wo Wild immer tiefer in die Stadt eindringt. In Berlin bevölkern Wildschweine Wohngebiete. Sie dort abzuschießen, ist zuletzt leichter geworden. Stadtjäger sind im Einsatz. „Zustände wie in Berlin liegen bei uns aber nicht vor“, erklärt Sauer.
Zwar werde in den Randgebieten „wie in jedem Jahr ein erhöhtes Aufkommen von Wildschweinen beobachtet“, aber eine „Bejagung in den befriedeten Bereichen der Stadt Dessau-Roßlau wird aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen“. Denn Jagdgeschosse haben eine Reichweite von mehr als vier Kilometern. „Es kann durch Hindernisse jeglicher Art zu Querschlägern kommen.“
Die Sicherheit gehe vor. Nur, wenn eine gefahrlose Schussabgabe möglich ist, könne, insbesondere zur Gefahrenabwehr, eine Ausnahme gemacht werden. Doch selbst wenn die Genehmigung vorliegt, sagt Stadtförster Siebert, kann die Aktion ins Leere laufen. Wie vor Jahren, als auf dem Zentralfriedhof eine Jagd stattfinden sollte. Schilder hatten schon Tage vorher angekündigt, den Friedhof am betreffenden Tag nach 20 Uhr nicht zu betreten. „Doch das erste, was ich im Stockdunkeln gesehen habe, waren Leute mit Kerzen.“ Die Jagd wurde daraufhin abgeblasen.
Mehrere Jagden geplant
Dass aber alle Möglichkeiten der Reduzierung der Schwarzwildbestände ausgeschöpft werden, versichert Sauer. Zum einen erfolge die intensive Bejagung des Schwarzwildes durch Einzeljagd in den Revieren. Zum anderen würden von November bis Dezember in allen Jagdgebieten große und kleine Ansitz- und Drückjagden durchgeführt. In der Hoffnung, dass es dann weniger Schwarzkittel gibt. (mz)