Westerntreffen Westerntreffen: Wo sich ein Jugendtraum erfüllt
Edderitz/MZ. - Hier, wo einst simpel der Edderitzer GST-Schießplatz war, ist jetzt Tombstone Village - die Westernstadt. Heimat für wagemutige Cowboys, Revolverhelden, Südstaateninfanteristen, Trapper und Ladys in aufwändigen Kleidern. Wildwest pur. Major ist Walter Hensel aus Zörbig, im bürgerlichen Leben Waffenhändler. Gemeinsam mit seiner Frau Annett hat er 1994 den Edderitzer Schießplatz gekauft und 1996 wiedereröffnet. 1998 dann die Erfüllung eines Traums: Die Westernstadt entstand. "Zwei Jahre lang haben wir gebaut, mit allem was dazu gehört. Im Herbst 99 war bis auf Feinheiten alles fertig", erzählt Annett Hensel. Bereit für Westerntreffen wie das an diesem Wochenende. Bereit für monatliche Westernabende mit Live-Musik von den Crazy Old Men, mit Line Dance und der Romantik des damaligen Jahrhunderts. "Ich kenne meinen Mann nicht anders als in Cowboystiefeln und Westernsachen", sagt Annett Hensel schmunzelnd. Eine Begeisterung, die sie längst teilt - und mit ihr 25 Mitglieder des Edderitzer Westernclubs, der sich aus Männern und Frauen der Landkreise Köthen, Bitterfeld, Halle rekrutiert.
Zum dreitägigen Westerntreffen kamen allerdings nicht nur sie, sondern Fans aus ganz Deutschland. Die mit Revolver und Winchester den Kampf um OK Corral austrugen - angelehnt an das Duell von Wyatt Earp mit den Clanton-Brüdern in Tombstone / Arizona. Die beim "Little End of Trail" mit Single-Action-Revolver, Unterhebelrepetierer und Flinte antraten, ihre Schießkünste im Schnellziehen bewiesen. So wie Heinz Plagge und André Wriedt von der Schützengesellschaft Ribbesbüttel in Niedersachsen. Seit dem Jahr 2000 kommen sie regelmäßig nach Edderitz. Erliegen der Faszination des wilden Westens, bauen Stress ab weit weg von ihrem normalen Leben. "Hier erfüllt sich mancher auch einen Jugendtraum", sagt Wriedt.
"Wer hat sich als Kind nicht gewünscht, mal mit einer Winchester zu schießen?" Nur eines unterscheidet sich vom wilden Westen: Egal ob beim "Kutschbockschießen" mit kurzläufiger Schrotflinte - Langwaffen waren viel zu umständlich für Postkutscher, wenn sie unterwegs angegriffen wurden - oder beim Büffelschießen: "Sicherheit steht an erster Stelle", sagt Plagge. Soll heißen: Hier trägt, wer nicht gerade am Wettkampf teilnimmt, seine Waffe ungeladen. Ansonsten aber wird Wert auf Authentizität gelegt, ob nun bei Kleidung oder Technik. An authentischer Wirkung fehlt es dem ganzen Village nicht. Dort, wo Annemarie Reiche-Brombach gerade ihr neues Westernkleid präsentiert. "Das macht Spaß, hier trifft man viele Begeisterte", sagt sie. Was sie fasziniert an der damaligen Zeit? "Alles, das Outfit, das lockere Leben, die Tatsache, dass eine Frau noch als Dame angesehen wurde." Und während ihr Begleiter Georg Heym aus Köln sich den Waffen widmet, sitzt sie vor der Hütte und näht. Als gäbe es kein Leben in der Moderne mit all seinem Stress.
"Es ist so, dass man sich hier wirklich fühlt wie in einer großen Familie", sagt Uwe Wettig aus Salzgitter. Wie alle anderen weiß auch er mit Geschichten aufzuwarten, mit Historie zu dem, was er in der Westernstadt darstellt: ein Mitglied der "Louisiana Tigers", einer Infanterieeinheit der Konföderierten, die sich hauptsächlich aus Kleinkriminellen der Hafenviertel von New Orleans zusammensetzte und für ihre besondere Härte bekannt war. 1862 ist sie aufgelöst worden, weil die wild ihre Bowiemesser schwingenden Männer nicht mehr zu kontrollieren waren. Und dann wäre da noch Jana Schroeder aus Piethen mit Pferd Victor, das am Nachmittag ausnahmsweise auch mal von Andreas Birke geführt werden durfte. Streng genommen hätte Birke nämlich auf den Straßen von Tombstone Village nichts zu suchen gehabt: "Ich bin Häftling." Da Verbrecher aber nicht am Wettschießen teilnehmen dürften und der Revolver nicht wirklich zur Knast-Kleidung passt, schlüpfte Birke erst zum späteren Nachmittag in seine eigentliche Rolle.
Am Abend dann - wie soll es anders sein - ging's rund im Saloon. Mit Partystimmung, Live-Musik und Line Dance. Bis tief in die Nacht. Erst am Montag kehrte langsam wieder Ruhe ein in der Wildwest-Stadt - bis zum nächsten Wochenende, wo hier wieder geöffnet ist, die nächsten Westernfans entspannte Tage in einer anderen Zeit verbringen können. Im September wird es dann das nächste große Westerntreffen geben, zuvor am 15. Mai das zweite Turnier im Westernreiten.