Wer hilft beim Nähen? Wer kann beim Nähen helfen?: Pflegedienste in Dessau in Zeiten von Corona mit Hilferuf - Mundschutz verzweifelt gesucht

Dessau - Der Hilferuf, mit dem sich die Inhaberin der Ambulanten Krankenpflege „Zuversicht“ am Wochenende an die Öffentlichkeit gewandt hat, ist eindringlich. „Ich brauche dringend Mundschutz für meine Mitarbeiter, um sie und die Bewohner schützen zu können. Aber es gibt keinen.“
Veronika Schmidberger bittet die Dessau-Roßlauer deshalb um Hilfe. „Wer hat noch alte Bettlaken oder anderen Stoff zu Hause und könnte daraus Mundschutzmasken nähen oder wer kann Stoff zur Verfügung stellen, den andere verarbeiten?“
Krankenpflege "Zuversicht" hat 30 Mitarbeiter, die sich rund um die Uhr um ältere Menschen kümmern
Das Unternehmen bietet sowohl betreutes Wohnen und Wohngemeinschaften mit insgesamt 37 Plätzen als auch einen ambulanten Pflegedienst an. Weder im Wohnbereich noch bei der ambulanten Pflege seien Kürzungen machbar, die mehr als 30 Mitarbeiter also rund um die Uhr und täglich im Einsatz.
Einige wenige Mundschutz-Masken hat Veronika Schmidberger noch vorrätig. Und viele bestellt. Ob die aber geliefert werden, sei höchst ungewiss. „Was ich dann mache, weiß ich nicht. Ich will aber meine Mitarbeiter schützen“, schildert sie. Als privates Unternehmen sei man auf sich allein gestellt, hat Schmidberger festgestellt. Denn zwar habe das Landesverwaltungsamt am Freitag eine Bedarfsabfrage bezüglich der Schutzausrüstung in den Umlauf gebracht, „die habe ich aber nicht erhalten, da kleine private Pflegeeinrichtungen nicht im Verteiler waren“.
Andere Pflegedienste in Dessau-Roßlau haben die gleichen Sorgen
Grit Stichler-Oldenburg, Pflegedienstleiterin der Diakonie Sozialstation, bestätigt Schmidberger. „Diese Anfrage ging nur an stationäre Altenpflegeeinrichtungen, nicht an den ambulanten Bereich.“ Sie beschreibt die Versorgungslage mit Masken, Schutzkleidung, Desinfektionsmittel als „Katastrophe“. Auch sie habe nur noch eine geringe Menge vorrätig.
„Die reicht nicht mehr lange und Nachschub ist nur sehr schwer zu bekommen“, sagt Stichler-Oldenburg. 35 Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes kümmern sich um circa 180 Patienten. „Die bräuchten alle dringend einen Mundschutz“. Auch diese Pflegedienste wollen ihre Arbeit aufrechthalten ohne Einschränkung, „damit die Leute nicht verunsichert werden.“ .
Die Idee der privaten Nähhilfe von Veronika Schmidberger findet Grit Stichler-Oldenburg „großartig“. In anderen Bundesländern gebe es solche Projekte bereits, weiß sie. „Es wäre eine große Hilfe für uns“.
Gesundheitsamt und Sozialdezernat in Dessau wollen Hilfe koordinieren
Auch im Gesundheitsamt und im Sozialdezernat stieß die Idee auf Zustimmung. Und in der Ehrenamtsbörse des Bürger-, Bildungs- und Freizeitzentrums fand sich spontan ein praktischer Unterstützer. „Das ist eine gute Idee, da helfen wir“, sagte Börsenleiter Rainer Hampel. Und so wird die Ehrenamtsbörse ab sofort als Entgegennahme- und Abholstelle fungieren. Genähte Masken können dort abgegeben werden und Pflegedienste oder andere könnten die Masken in der Erdmannsdorffstraße abholen.
„Da das Haus geschlossen ist, müssen Näherinnen telefonisch oder per Mail einen Bringetermin vereinbaren. Wir nehmen die Masken dann an der Tür entgegen“, erklärt Hampel. Das Gleiche gelte für die Pflegedienste, die Masken holen wollen. „Auch sie müssen sich vorher melden.“
Das Gesundheitsamt gibt für die Näherinnen und Näher praktische Hinweise und verweist auf Nähanleitungen im Internet. „Wichtig ist, dass die Masken aus kochfestem Material hergestellt sind, möglichst zwei für einen Anwender pro Tag, die nach dem Tragen gekocht werden müssen“, so das Amt. Grundsätzlich sollten die Masken auch vor dem ersten Tragen gekocht werden. Vielleicht finden sich auch Reinigungen oder Wäschereien, die dies kostenfrei übernehmen würden?
Einen vollumfänglichen Schutz vor einer Infektion mit dem Corona-Virus können diese Masken nicht geben, sie seien aber durchaus hilfreich, macht das Gesundheitsamt deutlich.
Bekannte und Freundinnen von Veronika Schmidberger haben schon ihre Nähmaschinen herausgeholt
Bei den Frauen des sozialen Netzwerks von Veronika Schmidberger surrten am Wochenende bereits die ersten Nähmaschinen. „Das ist toll, ich freue mich sehr“, kommentiert sie das und bittet gleichzeitig auch um Hilfe für die anderen Pflegedienste.
„Wir stehen alle auf dem Schlauch und haben großen Bedarf.“ Wer also nähen kann und Zeit hat, wird herzlich gebeten, den Einrichtungen zu helfen, ihre so wichtige Arbeit für die Alten und Kranken der Stadtgesellschaft zu leisten. (mz)