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Vorhaben für St. Bartholomäi Warum Kirchenglocke in Waldersee schweigt

Der Eisenguss hat über hundert Jahre auf dem Rücken und braucht jetzt dingend ein neues Joch. Dafür werden nun Spenden gesammelt. Kirchgänger und Dorf aber träumen weiter: Reicht es irgendwann auch für eine Bronzeglocke?

Von Silvia Bürkmann Aktualisiert: 29.05.2024, 20:14
Anfangs als einfache Hallenkirche errichtet, erhielt St. Bartholomäi in Dessau-Waldersee später einen klassizistischen Turmanbau.
Anfangs als einfache Hallenkirche errichtet, erhielt St. Bartholomäi in Dessau-Waldersee später einen klassizistischen Turmanbau. Foto: Thomas Ruttke

Waldersee/MZ. - Am 7. März ist es dann so richtig aufgefallen. Dass etwas fehlt. Die Nachbarn fragten einander: Hast Du etwas gehört? Manches ist so alltäglich und üblich, dass es nicht bewusst wahrgenommen wird. Wie das Läuten von Kirchenglocken. Aber als alle Glocken der Stadt am späten Abend ertönten im mahnenden Gedenken an das Weltkriegsbombardement, in dem Dessau 1945 in Feuer, Schutt und Asche unterging, da blieb sie auffallend still. Die Glocke in Waldersee schwieg.

Das Geläut der Kirche St. Bartholomäi in der Siedlung Jonitz war am 14. Februar nach der obligatorischen Glockenprüfung abgeschaltet worden, sagt Pastorin Geertje Perlberg. Seit vier Jahren schon werden Abnutzungen an Joch und Lagern der Aufhängung beobachtet und protokolliert. Schließlich wirken beim Schwingen der rund 640 Kilo schweren Eisenglocke enorme Kräfte. Im Februar 2024 schließlich schüttelte der Glockenexperte den Kopf. „Jetzt muss ein neues Joch dran.“

Rost knabbert seit 100 Jahren am Glocke und Joch

Es traf Kirchgemeinde, Kirchgänger und Pastorin also nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Man hat sich schon vertraut gemacht mit der anstehenden Investition und hier und da angefangen, Spenden zu sammeln. „Das neue Joch ist als erster Schritt jetzt notwendig, um die Glocke wieder läuten zu können“, so Perlberg. Die Eisenglocke hat einen Durchmesser von 1,17 Meter und ist der Nachfolger der vorherigen zwei Bronzeglocken (Durchmesser 63 und 42 Zentimeter), die im I. Weltkrieg 1914-1918 eingezogen und eingeschmolzen worden waren. Die Eisenglocke ist 1918 in Apolda gegossen und 1919 in St. Bartholomäi in Dienst genommen worden.

Wer die Kraxelei über die enge Wendeltreppe auf sich nimmt, erblickt sie oben in der Glockenstube mit den Schall-Luken. Statt sattem Bronzeschimmer zeigt der unbewegliche Stahlkoloss erkennbaren Rostansatz. Das gleiche Lebens- und Dienstalter hat jetzt auch das eiserne Joch erreicht.

Jetzt ein erster Schritt und später ein großer Traum

Schon der Wechsel an der Aufhängung soll ein gründlicher werden. „Wir wollen wieder ein klassisches Eichenholz-Joch“, berichten Geertje Perlberg und Gemeindekirchenrätin Christiane Hofmeister. Ein Kostenplan für Fertigung und Einbau setzt an zwischen 4.000 und 5.000 Euro. Vorausgesetzt, das Joch kann innen montiert werden und erfordert keine Außenarbeiten. Die freilich wären unabdingbar, könnte sich die Kirchgemeinde gemeinsam mit den Walderseer Heimatfreunden und Bürgern noch ihren kühnsten Traum verwirklichen: Das wäre wieder eine Bronzeglocke für ihr Gotteshaus. Das ist schließlich einmalig im Gartenreich mit dem Obelisken auf dem Turm. Und behütet in der Fürstengruft die Grablege des Anhaltischen Herzogspaares Leopold III. Friedrich Franz und Luise.

Das aber sei Zukunftsmusik, hält Perlberg den Ball flach. Jetzt konzentriere man sich auf das neue Joch (das aber für den Fall der Fälle auch zu einer Bronzeglocke passen würde...). Je konkreter das Ziel. desto höher der Spendenwille. Das zeigte schon das Pfingstsingen, als vorigen Sonntag die Sammlung ausdrücklich der Glocke zugute kommen sollte. Und die Besucher der randvollen Kirche ließen sich nicht lumpen. Die Kollekte erbrachte 872 Euro.

Info: Spendenkonto: Kirchgemeinde St. Bartholomäi Waldersee Volksbank Dessau BIC GENODEF1 DS1, IBAN: DE20 800935740001017772

 Christiane Hofmeister, Stefan Giese-Rehm und Pfarrerin Geertje Perlberg (v.l.) sprechen   für Heimatverein, Bürger und Kirchgemeinde in Waldersee.
Christiane Hofmeister, Stefan Giese-Rehm und Pfarrerin Geertje Perlberg (v.l.) sprechen für Heimatverein, Bürger und Kirchgemeinde in Waldersee.
Fotos (5): T. Ruttke
Die Glocke der Kirche in  Waldersee ist außer Betrieb, braucht ein neues Joch.
Die Glocke der Kirche in Waldersee ist außer Betrieb, braucht ein neues Joch.
Thomas Ruttke
Das Obergschoss ist doppelt gemauert die innere Kuppel trägt den Obelisken
Das Obergschoss ist doppelt gemauert die innere Kuppel trägt den Obelisken
Thomas Ruttke
Zur Glockenstube hinauf führt eine schmale, enge Wendeltreppe.
Zur Glockenstube hinauf führt eine schmale, enge Wendeltreppe.
Thomas Ruttke