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Warnemünde Warnemünde: Ostseekutter "Dessau" wird verschrottet

Von Steffen Brachert 29.01.2014, 19:13
Ein beliebtes Motiv auch beim MZ-Fotowettbewerb: Theresia Koppe schickte den Kutter „Dessau“ 2013 ein.
Ein beliebtes Motiv auch beim MZ-Fotowettbewerb: Theresia Koppe schickte den Kutter „Dessau“ 2013 ein. Theresia Koppe Lizenz

Warnemünde/Dessau/MZ - Wie viele Fotos es wohl allein in Dessau von ihm gibt? Hunderte? Bestimmt. Tausende? Vielleicht. Kein Wunder: Wer im Sommer am Alten Strom in Warnemünde lang schlenderte und irgendwann den roten Ostseekutter namens „Dessau“ entdeckte, der wunderte sich erst, freute sich dann - und machte zur Erinnerung einen Schnappschuss. Doch die Tage der „Dessau“ sind gezählt. Vorigen Freitag schon sollte der Kutter zum Verschrotten mit einem Schlepper in den Fischereihafen geschleppt werden. Eisige Temperaturen verhinderten das. Diesen Freitag soll nun der nächste Anlauf genommen werden.

Abschied mit Wehmut

„Mit dem Kutter geht ein Stück Herzblut“, gesteht Frank Wartenberg, Chef der Warnemünder Angel- und Seetouristik GmbH. Mit sieben Booten hatte die Firma 1991 begonnen. Zuletzt hatte der 52-Jährige noch vier Boote im Besitz. Doch die Zeiten sind schwierig. „Wir sind froh, wenn wir im Sommer so viel erwirtschaften, dass wir im Winter über die Runden kommen“, sagt Wartenberg. „Mit normalem Verstand dürften wir das gar nicht machen. Geld verdient man mit den Angeltouren nicht.“ Und damit fehlen die Mittel, die in die Jahre gekommenen Boote auch zu sanieren.

Die Warnemünder Angel- und Seetouristik GmbH ist 1991 aus der Warnemünder Fischereiproduktionsgenossenschaft hervorgegangen. Weil sich nur vom Fischfang nicht leben ließ, wurden nach der Wende auch Angeltouren angeboten. Eine Acht-Stunden-Tour kostet dabei heute für den Erwachsenen 45 Euro. Gefahren wird täglich.

Folgekosten schreckten Interessenten ab

Die 1950 auf der VEB Boddenwerft in Damgarten gebaute „Dessau“ wurde schon im November 2011 außer Dienst gestellt. Wartenberg hatte zwei Makler beauftragt, nach Käufern zu suchen. Der symbolische Preis von einem Euro lockte Interessenten aus halb Europa an. Doch die Folgekosten haben alle abgeschreckt. „Wie gut oder wie schlecht der Zustand des Bootes ist, weiß man ja erst, wenn man die Planken aufgenommen hat“, sagt Wartenberg. „Da können zu den Liegegebühren schnell 60.000 bis 100.000 Euro zusammenkommen. Und wenn man dann keinen Bootsbauer oder Zimmerer in der Familie hat, wenn man also nicht viel selber machen kann, dann kann es schnell noch teurer werden.“ Ein Käufer fand sich nicht. Und am Ende wurden die Angebote immer skurriler: Ein Interessent kam bei Wartenberg persönlich vorbei, legte einen Euro auf den Tisch und wollte das Schiff gleich mal für eine Übernachtung nutzen.

Der Abschied ist besiegelt, auch wenn es zuletzt ein paar Initiativen gab, die „Dessau“, das einzige reine Holzschiff der Flotte, zu retten. Als Spielplatz. Als kleines Denkmal. „Die unterschätzen alle den Aufwand“, sagt Wartenberg, der mit der „Hanno Günther“, der „Doberan“ und der „Chemnitz“ noch drei Boote hat, aber auch eine Sorge: „Die roten Kutter gehören zum Alten Strom in Warnemünde.“ Wie der Leuchtturm, Teepott und Strand. „Es wäre wichtig, dieses Stadtbild zu erhalten.“