Vor der Wahl Vor der Wahl: Viel erreicht und vieles offen

Kochstedt/MZ - Wenn man eines braucht als Ortsbürgermeister, dann ist das langer Atem. Karl-Heinz Fritsche musste ihn ziemlich oft beweisen. Beim Radweg zwischen Kochstedt und Alten zum Beispiel. Ehe dieser gebaut werden konnte, vergingen mehrere Jahre, denn das Gelände samt den umliegenden Äckern musste neu vermessen werden. Bei der ungepflegten städtischen Grünfläche in der Königendorfer Straße nahe der Bushaltestelle an der Mühle zum Beispiel. Neun Jahre schon kämpfen Fritsche und der Ortschaftsrat darum. Es dauert, weil Eigentumsverhältnisse geklärt werden mussten. Noch in diesem Jahr soll die Fläche instand gesetzt werden, heißt es.
Fritsche schaut auf eine spannende Zeit zurück
Kochstedts Ortsbürgermeister Karl-Heinz Fritsche konstatiert im Rückblick und mit Blick auf die Stadtverwaltung: Manches hätte viel schneller, unbürokratischer und besser laufen können. Doch am Ende schaut er auch auf eine spannende Zeit zurück, die mit dem Ende der Legislaturperiode am 30. Juni für ihn beendet sein wird. Nach 18 Jahren an vorderster Front im Ortschaftsrat, nach mehr als 20 Jahren Arbeit in dem Gremium sagt Fritsche offiziell Tschüss. Denn jeder Lebensabschnitt ist zeitbegrenzt und „so sollte man es auch sehen“.
69 Jahre ist Fritsche alt und er ist parteilos. Lange hat er mit sich gerungen, einen Entschluss zu fassen, der nun gefasst ist. Den Schreibtisch im Rathaus wird er jemandem anderen überlassen. Der Schreibtisch zu Hause gehört voll und ganz dem Hobby-Ortschronisten, der unter anderem die Chronik von Kochstedt aufarbeiten will und dem bewusstgeworden ist: „Das Leben ist ein Leihwagen, den man irgendwann wieder abgeben muss.“
Fritsche ist ein waschechter Kochstedter und als solcher „habe ich mich für meinen Ort immer eingebracht“. Seit 1970 arbeitete er in der Schiedskommission. Anfang der 1990er Jahre gehört er zu jenen im Ort, die nichts dem Selbstlauf überlassen wollen. Drängende Fragen stehen nach dem Abzug damaliger sowjetischer Truppen an, und als es um die Zukunft des Kasernengeländes geht, erwirkt eine Bürgerinitiative, der er angehört, dass sich der Oberbürgermeister vor den Kochstedtern erklärt. Kaum jemand hatte damals daran geglaubt, dass das Areal zu einem der schönsten Wohngebiete Dessau entwickelt werden könnte.
Erhaltung von Schule und Kindergarten ein Ziel
Nach Mildensee konstituierte sich zeitig nach der politischen Wende im Dezember 1992 zunächst ein Ortsbeirat, weil sich die Bürger „nicht genügend informiert fühlten und wir bei Entscheidungen und Planungen die Interessen Kochstedts vertreten wollten“. Zwei Jahre später lässt die Hauptsatzung die Gründung von Ortschaftsräten zu.
Zu den Zielen Kochstedts gehört unter anderem die Erhaltung von Schule und Kindergarten, die Verbesserung der Einkaufsmöglichkeiten, der Bau von Radwegen (zum Beispiel nach Mosigkau und Alten) sowie die Verbesserung des Freizeitangebotes auch durch eine Turnhalle. „Rückblickend ist das alles erreicht worden“, sagt Fritsche und weiß, dass die Entstehung zweier Wohngebiete (Waldsiedlung und Hirtenhau) auch Probleme mit sich brachte.
Die meisten kulturellen Veranstaltungen hatte anfangs noch der Ortschaftsrat organisiert. Doch mit zunehmender Einwohnerzahl fühlte sich der bald überfordert. Deshalb wurde die Gründung eines Heimatvereins angestrebt. Seit 1999 bereichert der Verein Zuhause in Kochstedt das gesellschaftliche Leben im Ort. Ein Jahr später wurde ein Chor aus der Taufe gehoben. Gründungsmitglieder gibt es viele, rund 40 Sangesfreunde frönen im Chor ihrem Hobby.
Wohnidyll in Stadtrandlage
Der Ort, so sagt Fritsche, wurde zum Wohnidyll in Stadtrandlage. „Aber so gut wie die Entwicklung auch war, in Alt-Kochstedt gibt es vor allen an Straßen und Wegen nach sehr großen Nachholbedarf.“ Die Zusammenarbeit mit den Ämtern der Stadtverwaltung sei nicht immer einfach gewesen. „Es muss zu oft nachgefragt werden, manchmal jahrelang, um Projekte zu Ende zu führen. Es entsteht der Eindruck, dass man in der Verwaltung überfordert ist.“ Leider habe ein Ortschaftsrat zu wenig Kompetenzen, um bestimmte Prozesse schneller vorantreiben zu können.
Den Ort voranzubringen, das liegt demnächst in anderen Händen. Doch nach 20 Jahren Aktivsein sagt Fritsche: „Ich werde mich weiter einmischen. Es kann gut sein, dass ich als Bürger meine Anliegen vor dem Rat vortragen werden.“ Dieser wird an diesem Sonntag gewählt.