Viele Glücksmomente in der Villa Hamilton
Wörlitz/MZ. - Viele Monate war dieser prächtigste Raum der Villa nur für die Restauratoren zugänglich. Statt derer sind nun Männer in feinem Zwirn gekommen. Wer wollte im Kaminzimmer auch noch irgendwie herumwerkeln? Es ist fast komplett. Und deshalb wird es an diesem Spätsommertag offiziell übergeben. "Wir sind voller Vorfreude auf den 2. September 2005, wenn der Stein wieder eröffnet wird, und der heutige Tag ist ein großer Schritt darauf zu", so eröffnet Stiftungsdirektor Thomas Weiss den Tag, der für die Stiftung voller Glücksmomente ist.
Für einen solchen sorgt zuallererstein vielumschwärmter Gast ausGroßbritannien. Vor neun Jahrenwar er schon einmal hier, nun ist erwiedergekommen und das zudemmit vollen Händen: Lord PiersAnthony Weymouth Wedgwood
trägt nicht nur den Namen der weltberühmten Wedgwood-Manufaktur, er bringt auch besondere Stücke des feinen Steinzeugs mit in die Parkstadt. Da fühlt sich Thomas Weiss reich beschenkt "wie am Weihnachtsfest". Noch hinter Glas und in einem Rahmen verwahrt, überreicht ihm Lord Wedgwood fünf kleine Reliefs, gefertigt aus der Wedgwood-typischen blau-weißen Jasper-Ware. Sie haben exakt die Größe von fünf Fehlstellen an der Front des Kamins und zeigen antikisierende Opferszenen und den berühmten "Dancing Hours".
Fast hatte man bei der Kulturstiftung die Hoffnung schon aufgegeben, diese Reliefs, die nach 1945 verloren gingen, ersetzen zu können. Vorsichtig war die Anfrage bei der britischen Waterford Wedgwood Ldt., und tatsächlich fand das Unternehmen in seinen Archiven die historischen Formen, nach denen die Plaketten einst entstanden und nun - über 200 Jahre später - noch einmal gefertigt wurden.
"Wir sind stolz, dieses Geschenk machen zu können", erklärt Wedgwood, der sein Lob am Freitag reichlich verteilt. Nach einer morgendlichen Radtour entlang der Elbe kann er völlig überzeugt sagen: "Ich denke, Wörlitz ist das Zentrum des Universums." Das sein Präsent nun in diesem Zentrum einen angestammten Platz findet, ist, so Thomas Weiss, vor allem der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu danken. 370 000 Euro stellte diese für die Restaurierung des Kaminzimmers zur Verfügung und dabei blieb es nicht.
Klaus Trouet, der Stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, hat am Freitag weitere Geschenke dabei. Geld der Stiftung und des Landes ermöglichten den Ankauf von zwei Gouachen. Sie ersetzen jene Bilder, die während der Auslagerung der Kunstwerke im 2. Weltkrieg in den Tresoren einer Ballenstedter Bank verloren gingen. Die beiden Bilder - sie gleichen in ihrem Duktus ganz den 13 Gouachen des Malers Charles-Louis Clérisseau, die sich im Kaminzimmer befinden - entsprechen in ihren Maßen den verloren gegangenen. "Ich hoffe, dass der Titel dieses Bildes keinen Symbolgehalt hat. Es heißt Ruinenlandschaft", scherzt Sachsen-Anhalts Staatssekretär Wolfgang Böhm bei der Übergabe. Von Ruinen wird man in einem Jahr, wenn die Felseninsel Stein gesichert und restauriert ist, nicht mehr sprechen. Alles ist freilich auch dann noch nicht erledigt im Komplex am Rande des Parks. "Erst im nächsten Herbst werden wir damit anfangen können, die restlichen beiden Räume der Villa Hamilton zu restaurieren", sagt Annette Scholtka. "Das hängt auch davon ab, ob wir noch Spender für die Restaurierung finden." Ein paar Geldscheine liegen am Freitag zumindest schon in der Glasbox vor dem Kaminzimmer. Zeit, um richtig voll zu werden, gibt es für diese allerdings nicht. "Wenn das Wochenende mit unserer Tagung zur Insel Stein vorbei ist, dann wird das Zimmer wieder dicht gemacht." Staubdicht. Denn die Felseninsel bleibt noch zwölf Monate eine Baustelle.