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Verliebt in die Provinz Verliebt in die Provinz: Thomas Holzmann verabschiedet sich in den Ruhestand

Von Danny Gitter 26.09.2018, 07:46
Thomas Holzmann geht in den Ruhestand.
Thomas Holzmann geht in den Ruhestand. Lutz Sebastian

dessau - Der Moment, ab dem Thomas Holzmann nicht mehr Vizepräsident des Umweltbundesamtes (Uba) ist, rückt immer näher. Das wird dem 65-Jährigen gerade in diesen Tagen immer bewusster. Am Dienstag wurde er offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Am Freitag ist sein letzter Arbeitstag in der Behörde, die in den letzten 28 Jahren sein berufliches Leben prägte.

1990 wechselte der promovierte Jurist als Leiter der Verwaltung der Akademie der Wissenschaften in Berlin als Verwaltungsleiter zum Umweltbundesamt. 2002 wurde er dort Vizepräsident. In dieser Funktion hielt er den Wissenschafts- und Geschäftsbetrieb am Laufen und vertrat vor Ort in Dessau die Präsidentin, wenn sie nationale und internationale Auswärtstermine wahrnehmen musste.

Thomas Holzmann verabschiedet sich bewusst in den Ruhestand

„28 Jahre sind genug. Mit meinem Ruhestand ziehe ich auch ganz bewusst einen Schlussstrich unter meine Zeit hier beim Umweltbundesamt“, sagt Holzmann.

Neue Personen sollen ihre Akzente setzen. „Ich werde definitiv niemanden in seine Arbeit reinreden oder Ratschläge erteilen“, erklärt der scheidende Vizepräsident. Ab dem 1. Oktober übernimmt Michael Angrick das Amt des Uba-Vizepräsidenten. Der promovierte Chemiker ist derzeit Leiter der deutschen Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt.

Thomas Holzmann hat keine Angst mehr vor Ruhestand

„Vor Jahren noch hatte ich Sorgen in dieses bekannte tiefe Loch zu fallen, wenn der Ruhestand ansteht“, erzählt Holzmann. Jetzt, wo es tatsächlich soweit ist, hat er sie absolut nicht mehr. „Ich habe auch im Ruhestand noch gut zu tun“, blickt der 65-Jährige voraus.

Bei Transparency International will sich der Jurist verstärkt engagieren und die Arbeit der Nichtregierungsorganisation, die sich für die Bekämpfung von Korruption einsetzt, auch in Sachsen-Anhalt unterstützen.

Holzmann ist Vorsitzender der Freunde der Gesellschaft des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches

Im Kuratorium der Hochschule Anhalt sitzt er und berät dort mit vier weiteren Mitgliedern, mit Blick von außen, unter anderem zur Hochschulstruktur und zum Haushaltsplan. Ende August wurde Holzmann zum neuen Vorsitzenden der Freunde der Gesellschaft des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches gewählt. Veranstaltungen des Kulturforums Dessau, in dem die verschiedenen Kulturinstitutionen der Stadt zusammenarbeiten, moderiert der bisherige Uba-Vizepräsident.

Weil es für ihn hier auch außerhalb des Dienstes im Umweltbundesamt genug zu tun gibt, hat der gebürtige Berliner sich entschlossen, die Hauptstadt hinter sich zu lassen. Vor wenigen Monaten ist er komplett in die Bauhausstadt umgezogen.

„Ich bleibe tief mit meiner Heimatstadt verbunden, habe aber keinen Koffer mehr in Berlin“, sagt Holzmann. Sich für die Kultur in Dessau zu engagieren, das reizt ihn. „Für ihre Größe hat diese Stadt viel zu bieten. Ich will dabei helfen, das vieles davon erhalten oder gar weiter entwickelt wird“, erzählt Holzmann mit viel Optimismus und Energie in der Stimme.

Thomas Holzmanns schwieriger Anfang in Dessau

Dass Dessau und der gebürtige West-Berliner sich mal so gut verstehen, dass er sich entscheidet seinen Lebensabend in der Stadt an Elbe und Mulde zu verbringen, hätte er anfangs kaum für möglich gehalten. „Am Anfang empfing man mich hier nicht gerade freundlich“, blickt er zurück.

Als im Bundestag 1996 der Umzug der Zentrale des Umweltbundesamtes von Berlin nach Dessau beschlossen wurde, war es auch an ihm, alles dafür Nötige in die Wege zu leiten. Als „Kolonialwessi“ habe man ihn in der Stadt betitelt, erinnert sich Holzmann an recht frostige erste Aufeinandertreffen.

Doch ließ er sich nicht beirren und versuchte eine bestmögliche Lösung für das Uba und die Dessauer zu finden. „Es musste auf jeden Fall verhindert werden, dass aus Sparsamkeitsgründen bestehende Immobilien des Bundes als neuer Standort gewählt wurden“, erzählt er.

Thomas Holzmann schätzt die Schätze Dessaus

Dann wäre das Uba in die ehemalige Hugo-Junkers-Kaserne nach Alten gezogen. Die Lösung mit dem ökologischen Neubau im ehemaligen Gasviertel hält nicht nur Holzmann für die viel gelungenere. Dadurch ist die Stadt auch um ein architektonisch interessantes Bauwerk reicher.

Ob die Dessauer das in der Mehrheit goutieren, weiß er nicht. Der scheidende Uba-Vizepräsident weiß nur, dass die Stadt „einfach so viele Schätze hat, die mancher Einheimische erstaunlich gering schätzt“.

Aus anfänglicher Kälte und Distanz wurde durch Begegnung und Zuhören Vertrauen, woraus sich für Holzmann tiefe Freundschaften entwickelten. Auch deshalb hat er letztendlich sein Herz an die Stadt verloren und will mit seinem vielfältigen ehrenamtlichen Engagement im (Un)Ruhestand Dessau für möglichst viele lebenswerter machen. (mz)