1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Umweltbundesamt: Umweltbundesamt: Zehn Jahre am Standort Dessau

Umweltbundesamt Umweltbundesamt: Zehn Jahre am Standort Dessau

05.06.2015, 18:38
Vizepräsident Thomas Holzmann mag das Dienstgebäude des Umweltbundesamtes in Dessau-Roßlau.
Vizepräsident Thomas Holzmann mag das Dienstgebäude des Umweltbundesamtes in Dessau-Roßlau. Thomas Ruttke Lizenz

Dessau-Rosslau - Nach 41 Jahren einen zehnten Geburtstag feiern? Das Umweltbundesamt kann das. Die Behörde, 1974 gegründet, ist 2005 von Berlin nach Dessau gezogen und hat am 2. Mai ihre Arbeit aufgenommen. Das Zehnjährige wird das Uba am 16. Juni mit einem Tag der offenen Tür feiern. MZ-Redakteurin Carla Hanus sprach vorab mit dem Vizepräsidenten des Umweltbundesamtes Thomas Holzmann über Anspruch an den Uba-Modellbau und dessen Umsetzung, über die Entwicklung nach dem Umzug, über Ankommen und Aufgenommen werden.

Das Umweltbundesamt ist mit dem Anspruch gebaut worden, ein ökologischer Musterbau zu werden. Unter Berücksichtigung der jährlich anfallenden Betriebskosten sollte es insgesamt nicht teurer werden als Gebäude in herkömmlicher Bauweise? Ist dieses Vorhaben realisiert worden?

Holzmann: Vor zehn Jahren war es tatsächlich ökologische Avantgarde, ein modellhaftes Gebäude. Zudem hatten wir die Planungskosten unterschritten, es war also günstiger als gedacht. Der Energiebedarf lag und liegt zwischen Niedrigenergie- und Passivhausstandard.

Wie sieht die Bilanz nach zehn Jahren aus?

Holzmann: Wir hatten eine unerwartet lange Einfahrphase, bis die Prozesse automatisiert werden konnten. Die Betriebskosten, die am Anfang noch vergleichsweise hoch lagen, konnten über die Jahre kontinuierlich gesenkt werden, trotz gestiegener Anzahl an Beschäftigten, und wir mindern sie weiter. Im Vergleich zu anderen konventionellen Gebäuden dieser Nutzungsart sind sie nicht höher.

Ist es dann aber auch tatsächlich ein Musterbau geworden?

Holzmann: Was die ästhetische Seite betrifft, die besondere Gestaltung des Gebäudes an diesem Standort, wird es ein Unikat bleiben. Die Ökologie des Gebäudes hat sich bewährt, wie uns ein mehrjähriges Monitoring bestätigt hat. Diverse Ergebnisse sind dann für später folgende Bundesbauten als Standards übernommen worden, so dass wir inzwischen nicht mehr die großen Neuigkeiten zeigen. Mit unserem Erweiterungsbau, der 2017 bezugsfertig sein soll, werden wir aber wieder neue Maßstäbe setzen.

Inwiefern?

Holzmann: Diese energetische Qualität hat der Bund noch nicht gebaut. Es wird ein Gebäude mit 101 Büroräumen und zwei Konferenzbereichen als ein Energie-Plus-Gebäude sein. Das heißt, dass dieses Gebäude keine weitere Energie benötigt, sondern im Idealfall Energie an das Hauptgebäude abgibt. Erreichen wollen wir das unter anderem mit einer Photovoltaiklösung, die sich fast am gesamten Gebäude wiederfindet, und mittels Geothermie, wobei wir diesmal die Grundwassersituation ausnutzen wollen. Außerdem werden wir bei unserem neuen Musterbau wieder besonders umweltverträgliche Materialien wie eine Hanfdämmung einsetzen. Da sind wir dann wieder Avantgarde.

Den Umzug der Bundesbehörde von Berlin nach Dessau haben 2005 nicht alle Mitarbeiter begrüßt. Der damalige Präsident Andreas Troge meinte, dass sich das geben würde. Pendler würden in Dessau sesshaft und die Wohnorte sich mit dem altersbedingten Wechsel der Mitarbeiter ändern. Wie sieht es mit dieser Prognose aus?

Holzmann: Diesen Trend hat vor fünf Jahren schon der damalige Präsident Jochen Flasbarth bestätigt, der feststellte, dass nach und nach die Beschäftigten aus Dessau und Umgebung kommen würden. Heute lässt es sich in etwa vierteln. Ein Viertel der Mitarbeitenden hat den Hauptwohnsitz in Dessau-Roßlau, ein weiteres Viertel im Umland wie Köthen, Zerbst, Wittenberg und einige wenige in Halle. Damit wohnt etwa die Hälfte der in Dessau-Roßlau Beschäftigten in Sachsen-Anhalt. Wiederum ein Viertel hat seinen Hauptwohnsitz noch in Berlin. Und ein Viertel kommt aus Sachsen beziehungsweise Brandenburg.

Steht angesichts dieser Entwicklung denn immer noch die Forderung nach einer besseren Bahnverbindung nach Berlin, die in den Jahren immer wieder angesprochen wurde?

Holzmann: Bei der abnehmenden Zahl der Pendler und der deutlichen Konzentration der Mitarbeitenden in Sachsen-Anhalt ist die Bahnverbindung Berlin-Dessau und umgekehrt nicht mehr das zentrale Thema. Aber ich würde mir mit Blick auf die weitere Entwicklung unseres Standortes hier eine kürzere Fahrzeit wünschen. Mit dem Neubau werden wir auch zwei Konferenzbereiche haben, die uns derzeit in der Größenordnung noch fehlen. Wir können dann noch deutlichere Akzente in Richtung internationale Kongresse setzen, die partiell noch in Berlin stattfinden müssen. Für diese Veranstaltungsverlagerung wäre eine zügige Bahnverbindung eine immense Erleichterung.

Mit dem Umzug von Berlin nach Dessau wurden Nachteile befürchtet, was die wissenschaftliche und politische Einbindung ins Hauptstadtleben betrifft. Wie sieht das nach zehn Jahren aus?

Holzmann: Generell können wir einschätzen, dass das öffentliche Interesse an der Arbeit des Uba größer ist als noch vor zehn oder 15 Jahren. Aber für die fachliche Arbeit ist der Standort keine relevante Größe. Diese erfolgt zum großen Teil im Netz. Sicher war es anfangs für die Mitarbeitenden nicht einfach, aber in unseren wissenschaftlichen Aktivitäten sind wir durch den Umzug nicht eingeschränkt. Nach dem Jahr 2006 haben wir uns im November 2014 noch einmal vom Wissenschaftsrat evaluieren lassen. Zwar liegen noch keine konkreten Ergebnisse vor. Während der Evaluation wurde aber deutlich, wie sich das Uba international und institutionell entwickelt und weiterentwickelt hat. Und auch unsere Politikberatung hat nicht nachgelassen.

Wie aufgenommen und angekommen fühlen sich die Uba-Mitarbeitenden in der Stadt?

Holzmann: Vor zehn Jahren sind wir sehr gut aufgenommen, aber vielleicht noch nicht angenommen worden. Inzwischen sind wir allemal in Dessau-Roßlau angekommen. Wir sind hier längst gut vernetzt, sind in Vereinen und im Kulturleben integriert. Als Umweltbundesamt tun wir was für die Stadt mit öffentlichen Veranstaltungen. In das kommunalpolitische Geschehen mischen wir uns als Bundesbehörde allerdings nicht ein, das steht uns nicht zu. Aber bei fachlichen Fragen geben wir gerne Rat. Außerdem gibt es ja eine fachliche Zusammenarbeit mit dem Bauhaus und eine Kooperationsvereinbarung mit der Hochschule Anhalt. Weiter ausbauen wollen wir auch die Verbindungen zum Klinikum mit Blick auf Umweltmedizin. Ich denke, an fachlicher und persönlicher Vernetzung mangelt es nicht. Und damit diese noch besser wird, wünsche ich mir, dass viele Menschen zu unserem Fest am 16. Juni zu uns ins Uba kommen.

Welchen Lieblingsplatz haben Sie in Dessau-Roßlau?

Holzmann: An einem lauen Sommerabend ist es ein Terrassenplatz an der Elbe, wo man die Weite und den Sonnenuntergang genießen kann. Wenn einen nicht die Mücken auffressen. Dann ist das kaum noch zu überbieten. Und ansonsten ist es tatsächlich mein Büro hier. Wir haben hier wirklich tolle Bedingungen und ein wunderschönes Gebäude. (mz)