Überall blüht es rot Überall blüht es rot: Doch Mohn ist nicht gleich Mohn

Dessau-Rosslau - Modemacher mögen es anders sehen. Doch wer übers Land fährt, in dem könnte die Vermutung keimen, rot sei die Modefarbe der Saison.
Jedenfalls scheint der Mohn in diesem Jahr so prächtig zu gedeihen, wie schon lange nicht mehr. Manche Feldränder scheinen geradezu in Flammen zu stehen.
Guido Warthemann will nicht ausschließen, dass es dem Mohn aktuell besonders gut geht. „Das könnte mit dem feuchteren Frühjahr zusammenhängen“, mutmaßt der Dessauer Biologe. „An den Anbaumethoden der Landwirte dürfte sich schließlich kaum etwas geändert haben.“
Meist Klatschmohn gemeint
Wenn von Mohn die Rede ist, ist meist eine Art gemeint: der Klatschmohn. Er wächst bis zu 90 Zentimeter in die Höhe, wirkt zerknüllt, die Samenkapsel ist unbehaart, eiförmig und hat etwa zehn Narbenstrahlen.
Die Blüten des Saatmohns sind deutlich heller und kleiner, auch erreicht er mit 60 Zentimeter seine maximale Größe und hat eine keulenförmige Kapsel.
Sandmohn hat zerzauste Blüten
Sandmohn schließlich kommt auf ganze 30 Zentimeter, seine Blüte wirkt etwas zerzaust, die Samenkapsel ist behaart.
Was all diesen in der Umgebung mehr oder minder häufig anzutreffenden Mohnarten nebst dem seltenen verwildernden Orientalischen Mohn gemein ist: keine liefert ausreichend Substanzen, mit denen man sich berauschen könnte.
Schlafmohn fühlt sich hier nicht wohl
Immerhin: Die Blütenblätter des Klatschmohns werden hin und wieder Teemischungen beigefügt - aus rein optischen Gründen. Irgendeine Wirksamkeit ist nicht belegt.
Wirksam - und zwar sehr wirksam - ist allein der Schlafmohn. In Deutschland tut er sich schwer mit dem Klima - wenn er denn verwildert, hält er meist nicht lange durch.
Eher findet man ihn in Gärten und auf ähnlichen Flächen. Ob der Anbau genehmigt ist, sei einmal dahingestellt.
Bundesopiumstelle überwacht den Anbau
Die Bundesopiumstelle ist einer der Einrichtungen, von deren Existenz die meisten Menschen wohl nicht einmal etwas ahnen. Die Abteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte wacht über Einfuhr, Anbau und Vertrieb von Schlafmohn.
Dabei muss der Schlafmohnanbau gar nicht mit der Absicht erfolgen, Opium zu ernten - die Samen sind, in Deutschland meist als Blaumohn vermarktet, gefragte Backzutaten.
Geringe Mengen Morphin
Die enthalten sogar geringe Mengen Morphin. 2005 warnte das Bundesinstitut für Risikobewertung: „Backmohn ist kein Schlafmittel für Säuglinge“.
Hin und wieder wurde auch ganz offiziell vor dem Verzehr von Mohnbrötchen gewarnt. Einzig nennenswerte Folge: Eine Entscheidung Karlsruher Gerichte, dass Häftlinge keinen Anspruch auf Mohnbrötchen haben.
Unter anderem weil deren Genuss die gleichen Spuren im Urin hinterlassen kann wie der von Opium oder das daraus gewonnene Heroin.
Handel mit Schlafmohn
Hingegen ist die offizielle Anbaulizenz für wenige Euro bei der Bundesopiumstelle erhältlich. Darauf weisen auch Anbieter auf Handelsplattformen wie Amazon und eBay hin.
Dort sind einige Anbieter darauf gekommen, wie man richtig Geld mit Schlafmohn machen kann, ohne illegale Drogengeschäfte betreiben zu müssen: Sie verkaufen zum Beispiel 50 einzelne Samen für 1,50 Euro, die man zum Kilopreis von weniger als zehn Euro erwerben kann.
Die Gewinnmarge dürfte mithin im vierstelligen Prozentbereich liegen. Tatsächlich finden sich Leichtgläubige, die das bestellen und sich anschließend bitter beklagen, dass kein einziger Samen aufgegangen sei. (mz)