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TV-Detektiv in Roßlau TV-Detektiv in Roßlau: Seriendarsteller Carsten Stahl kämpft gegen Mobbing

Von Daniel Salpius 26.02.2019, 10:13
Mit seiner unverstellten Art kommt Carsten Stahl an bei den Roßlauer Schülern.
Mit seiner unverstellten Art kommt Carsten Stahl an bei den Roßlauer Schülern. Daniel Salpius

Roßlau - Carsten Stahl ist kein Pädagoge, kein Lehrer und er trägt auch keine akademischen Titel. Er sieht beinahe aus wie der Leibwächter eines Berliner Gangchefs. Breite Schultern, breite Arme, graues Kapuzenshirt, Jeans. Trotzdem oder gerade deshalb hat er laut eigenen Angaben deutschlandweit bereits vor 42.000 Schülern über Mobbing gesprochen. Am Montag war er an der Bietheschule zu Gast.

Wie überall im Land ist Stahl auch in Roßlau unter den Schülern kein Unbekannter. Auf die Frage, wer ihn kenne, schnellen unter den Hunderten Schülern in der Elbe-Rossel-Halle fast alle Arme nach oben. In der RTL II Serie „Privatdetektive im Einsatz“ spielte der 46-Jährige die Hauptrolle. Seit fünf Jahren kämpft der ehemalige Seriendarsteller mit seiner Kampagne „Camp Stahl“ bundesweit gegen Mobbing an deutschen Schulen.

90 Prozent aller Schüler seien schon einmal gemobbt worden. Zehn Prozent hätten deshalb schon einmal Selbstmordgedanken gehabt. „Alle zwei Tage nimmt sich wegen Mobbings ein Jugendlicher das Leben.“ Stahl kann solche Zahlen im Sekundentakt abfeuern, woher sie kommen, sagt er nicht. Vielleicht braucht er das auch nicht. „Ich arbeite an der Basis in den Schulen. Ich bin da, wo es wehtut.“ Sicher ist, das wurde am Montag deutlich, dass er die Schüler erreicht.

Er brüllt jedes seiner Worte heraus wie ein Ausbildungsoffizier beim Militär

Hier in der Turnhalle ist Stahl in Hochform: Er brüllt jedes seiner Worte heraus wie ein Ausbildungsoffizier beim Militär. Ein Mikrofon braucht er nicht, um die letzte Reihe zu erreichen. „Ich sage euch, ihr habt keine Ahnung, was Mobbing ist, sonst würdet ihr die Folgen kennen und mit der Scheiße aufhören.“ Gerade diese harte Ansprache scheint anzukommen. Es ist mucksmäuschenstill unter den Jugendlichen.

Regina Schellhase, Direktorin der Bietheschule, hat gerade dieser raue Ton überzeugt. „Wir sind eine Brennpunktschule, diese Ansprache wird besser verstanden.“ Über ein Jahr hat sich die Schule um einen Auftritt Stahls bemüht. Finanziert wurde die Veranstaltung durch die Kathrin-Budai-Thyrolf-Stiftung, die sich für Kinder und Jugendliche in Dessau-Roßlau engagiert.

Dass Mobbing auch an der Bietheschule ein Problem ist, spricht Schellhase offen aus. „Eltern und Schüler beklagen vor allem immer wieder Cyber-Mobbing. Da haben wir als Lehrer aber wenig Einfluss drauf.“ Von Stahl erhofft sich die Direktorin deshalb Aufklärung. Die Schüler müssten zunächst verstehen, was Mobbing ist und was es anrichtet. „Dazu braucht es Menschen, die selbst Erfahrungen mit Mobbing und Gewalt gemacht haben.“

Seine Lebensstationen machen Stahl für die Jugendlichen authentisch - für Opfer wie für Täter

Auch Carsten Stahl wurde als Kind gemobbt. Später macht er Kampfsport, schlägt zurück, übt selbst Gewalt aus, nimmt Drogen. Er wird Chef einer Neuköllner Straßengang. Aus diesem Leben kauft er sich heraus, arbeitet als Personenschützer, geht danach zu RTL II. Als sein eigener Sohn in der Schule gemobbt wird, beginnt sein Engagement.

Seine Lebensstationen machen Stahl für die Jugendlichen authentisch - für Opfer wie für Täter. Aus Stahls Sicht haben die digitalen Medien dazu beigetragen, dass sich das Problem deutlich verschärft hat. „Die Kinder hängen nur noch in der digitalen Welt, sie verrohen.“ Hinzu komme, dass die Qualität der Gewalt in den Medien und der Musik zugenommen habe.

Außerdem bekämen Kinder zu Hause Werte wie Respekt und Toleranz nicht mehr beigebracht. „Und die Lehrer werden nicht geschult in diesem Bereich.“ Die Politik verweigere sich dem Thema. Viele Schulen würden Probleme leugnen, um das eigene Image nicht zu beschädigen. (mz)