Todesfall Oury Jalloh Todesfall Oury Jalloh: Sonderberater sehen keine offenen Ermittlungsansätze
Magdeburg - Im Fall des in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh sehen die zwei Sonderberater des Landtags von Sachsen-Anhalt keine offenen Ermittlungsansätze. Das schreiben die Top-Juristen Jerzy Montag und Manfred Nötzel in ihrem 303 Seiten starken Bericht, der der MZ vorliegt. Er soll am Freitag vorgestellt werden. Im Auftrag des Parlaments prüften Montag und Nötzel über Monate, ob Behörden im Fall Oury Jalloh Fehler gemacht haben.
Der Asylbewerber aus Sierra Leone war 2005 gefesselt an Händen und Füßen in einer Dessauer Polizeizelle verbrannt. Zwei Gerichtsprozesse konnten die Umstände seines Todes nicht klären. 2017 waren die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Halle eingestellt worden - obwohl die Staatsanwaltschaft Dessau zuvor erstmals einen Mord durch Polizisten für möglich gehalten hatte.
Fall Oury Jalloh beschäftigt Gerichte seit Jahren
Die vom Parlament engagierten Juristen bezeichnen die Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft Halle nun aber als „sehr gut nachvollziehbar und angesichts der Beweislage sachlich und rechtlich richtig“. Auch die vorherige Übergabe des Falls von der Staatsanwaltschaft Dessau nach Halle war laut Bericht „mindestens vertretbar“ und „sachgerecht“. Eine Grund dafür laut den Juristen: Im Falle von Mordermittlungen hätten Dessauer Polizisten so nicht gegen die eigenen Kollegen ermitteln müssen.
Montag und Nötzel äußern allerdings den Verdacht, das Justizministerium habe zwischenzeitlich versucht, unzulässig Einfluss auf Ermittlungen zu nehmen. Der Verdacht betrifft den bereits zurückgetretenen Staatssekretär Hubert Böning (CDU): Aus Akten ergibt sich laut Bericht, dass Böning kurz nach der Übernahme des Falls durch die Staatsanwaltschaft Halle um ein gemeinsames Gespräch „zur weiteren strategischen Ausrichtung der Ermittlungen“ gebeten haben soll.
Böning wollte demnach mit Behördenchefin Heike Geyer und dem ihr übergeordneten Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad sprechen. Gegenüber Montag und Nötzel habe Böning erklärt, „sich an den Vorgang nicht erinnern zu können“. Geyer und Konrad konnten die Sonderberater nicht fragen - sie hatten das Gespräch mit den Aufklärern gänzlich verweigert.
Montag und Nötzel haben laut Bericht „keinen Zweifel“, dass es Bönings Bitte um das strategische Gespräch tatsächlich gab. Dem Vorgang komme „eine erhebliche Bedeutung“ zu, da er genau in die Zeit fiel, in der die Staatsanwaltschaft Dessau Mordermittlungen empfahl, die Behörde in Halle hingegen aber „nicht einmal den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung erkennen konnte“. (mz)