Stück vertraute Heimat auf Papier
DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Von dem 64-jährigen Dessauer zu Papier gebracht, vermitteln seine Zeichnungen ein Stück vertraute Heimat, schwarzweiß oder in Farbe.
Es war Mitte der 70er Jahre, als der studierte Bauingenieur in dem von Gerhard Tetzlaff geleiteten Malzirkel des VEB Gasgerätewerkes seine ersten wohl überlegten Striche mit künstlerischem Anspruch zu Papier brachte. Als überaus glücklicher Zufall kam hinzu, dass Strauß' Nachbar ein Künstler war. "Paul Schwerdtner hat mir Einblicke in Maltechniken gewährt, die mir sonst verborgen geblieben wären" erinnert sich Peter Strauß noch heute gern an diese Zeit. So wurden aus den ersten zaghaften Bildern bald Aquarelle. Vor allem in der so genannten "nass in nass- Malerei" fand er erste Bestätigung. "Dabei wird das Aquarellpapier in Wasser getaucht, dann auf einer Holzpalette fixiert. Danach muss relativ schnell das Bild entstehen" erklärt Strauß. Konturen und Linien verwischen und verlaufen ganz bewusst. Nur ein Fön könne mitunter dem Lauf der Farbe Einhalt gebieten. Doch diese Aquarelltechnik erfordere besonders viel Konzentration, deshalb habe er sie derzeit erstmal auf Eis gelegt.
Denn momentan gehört Bauingenieur Strauß noch zu den Berufspendlern mit wenig Zeit. Dessau - Koblenz. Montags hin - freitags zurück. Doch an den Nagel gehängt hat er die Malerei deshalb nicht. Er widmet sich seit einigen Jahren den Federzeichnungen. Die können auch in Etappen fertig gestellt werden. Seine ersten Arbeiten wirken noch verspielt. Inzwischen sind die Strukturen klarer.
Weniger ist da mitunter mehr. Auch Bilder müssten eine gewisse Balance haben, sagt Strauß. Mit 16 verschiedenen Motiven in Dessau und Umgebung sowie in Wörlitz hat er sich in den zurückliegenden Jahren zeichnerisch auseinandergesetzt. Bevor überhaupt der erste Strich auf dem Papier entsteht, beschäftigt sich der Dessauer mit der Geschichte seines Motivs. "Dann liegen hier bei mir im Wohnzimmer überall Bücher herum, ich informiere mich über die Historie, über Besonderheiten und Hintergründe. So nähere ich mich dem Bild". Dann erst folgen die Studien vor Ort. Sind die abgeschlossen, greift Strauß zu spitzen Feder, um in seinem "stillen Kämmerlein' sein Werk zeichnerisch zu realisieren. Doch nicht selten fehlt dafür schlicht die Zeit. Nur allzu gern wäre Bauingenieur Strauß Berufskünstler geworden. Die Chancen standen gut. Noch kurz vor der Wende begann er ein nebenberufliches Studium mit der Zielsetzung, später als Zirkelleiter Malkurse leiten zu können. Damit wäre aus dem Bauingenieur Strauß fast der hauptberufliche Künstler Strauß geworden. Doch es kam anders. Strauß blieb seinem Beruf treu. Seiner Berufung folgt er seitdem ausschließlich an den Wochenenden in seiner Heimatstadt Dessau.
Doch nicht mehr lange. Die Rente ist in Sicht. Dann will sich der 64-Jährige der ganzen Bandbreite künstlerischer Maltechniken widmen, angefangen bei Radierungen über Grafiken bis hin zu Lithographien. Ein Lernprozess, auf den er sich jetzt schon freut. Auch die Rückkehr zur Nass in Nass- Aquarellmalerei hat Strauß fest im Visier. Langeweile wird da mit Sicherheit nicht aufkommen.
Und nur im stillen Kämmerlein hocken, ist auch nicht seine Sache. Er sucht gezielt den Kontakt zu Kunstliebhabern. Die reproduzierten Federzeichnungen sind in den verschiedensten Größen erhältlich. Strauß bietet sie in seiner wohnungseigenen Flurgalerie an. Klingeln oder anrufen in der "Galerie Strauß" ist durchaus erwünscht. Wie gesagt, die Motive sind bekannt. Aber man kann seine Heimat auch zeichnerisch neu entdecken.