Staunen über Regalsystem und «verheiratete» Kisten
DESSAU/MZ. - Inmitten der Regale und des Förderbandsystems steht am Donnerstag ein Dutzend Schüler und staunt. Allesamt sind sie an Naturwissenschaften und einem späteren Beruf in der Pharma-Branche interessiert und haben deshalb das Angebot angenommen, in den Herbstfirmen verschiedene Firmen kennen zu lernen. "Zukunft Pharma" heißt das Jobstarter-Projekt, das das IHK Bildungszentrum initiiert hat, um Firmen und Schüler zusammenzubringen, damit passgenauer Berufsnachwuchs gefunden werden kann.
Astrid Scholz, Betriebsleiterin bei der Kehr Holdermann GmbH & Co. KG und zusammen mit zwei Kollegen für die Ausbildung im Unternehmen zuständig, hat in der Vergangenheit schon einige Gruppen durchs Unternehmen geführt, beispielsweise beim Girls Day. "Wir sind kein Produzent", sagt sie den Schülern, die z. B. aus der Friedensschule, von der Ganztagsschule Zoberberg oder aus dem Liborius-Gymnasium kommen. Sie weiß, dass oftmals falsche Vorstellungen vorhanden sind. Und so nimmt sie die Sekundarschüler und Gymnasiasten mit auf den Rundgang durch den Betrieb, der ein "vollsortierter pharmazeutischer Großhandel ist. Wir haben sämtliche Produkte auf Lager". 56 000 verschiedene Medikamente sind in den Hochregalen untergebracht und warten darauf, in Apotheken geliefert zu werden. Doch bevor die Speditionen allein sieben Touren am Tag in Dessau fahren und viele mehr in angrenzende Bundesländer, um insgesamt über 350 Apotheken zu beliefern, müssen die Medikamente erst einmal in den Großhandel gelangen.
Und so nimmt der Rundgang beim Wareneingang seinen Anfang. Damit alle Medikamente ihren Platz in dem Hochregallagersystem finden und von dort wieder abgerufen werden können, erfahren die Schüler, werden die so genannten Lagerorientierungskisten mit den jeweils gerade ausgepackten Arzneimittelpackungen "verheiratet". Das passiert von Hand, aber schon an dieser Station ist ein Handscanner ein wichtiges Instrument, damit alles richtig erfasst und gelagert werden kann. Viele Abläufe danach laufen automatisiert. Und immer wieder spielen Handscanner bei den Arbeitsabläufen eine wichtige Rolle.
Von vielen dieser Abläufen berichtet Scholz und dass ein Rädchen ins andere greift, alles nur funktionieren kann, wenn die Koordination stimmt. "Alle müssen mitziehen." Den sichtlich beeindruckten Schülern erklärt sie auch die Anforderungen, die die Firma an künftige Auszubildende hat. Wer keine guten Noten mitbringt, hat keine Chance auf eine Ausbildung, denn "die ist anspruchsvoll".
Thomas Puhlmann hatte die richtigen Voraussetzungen mitgebracht. Im zweiten Lehrjahr zum Groß- und Außenhandelskaufmann ist er und hat seinen Berufswunsch nicht bereut. "Ich hatte eine regional starke Firma gesucht", sagt der Dessauer, der einen erweiterten Realschulabschluss und anschließend sein Fachabitur gemacht hat. Im ersten Lehrjahr, erzählt er den Schülern, habe er gelernt, wie das Lager funktioniert. Wichtig sei das für alle weiteren Ausbildungsschritte. Die Buchhaltung, die EDV, die Qualitätssicherung, den Marketingbereich, die Telefonie, wo die Aufträge zusammenlaufen, und vieles andere lernt er kennen. Thomas Puhlmann macht das alles Spaß.
Die Schüler aber sind eher skeptisch. Marleen Dressel (14 Jahre) erzählt, "der gewonnene Einblick war gut, aber das war nicht gerade der Beruf, den ich mir vorstelle". Martin Lauschner, ebenfalls 14 Jahre alt, hat ein ganz besonderes Auge auf die Automatisierungstechnik im Unternehmen geworfen. In diesem Bereich sieht er seine berufliche Zukunft. Lisa Günther (16), die sich bald für einen Beruf entscheiden muss, war "überrascht, wie alles hier abläuft". Ob das ein Beruf für sie wäre? Lisa schaut abwartend.
Und Betriebsleiterin Schröder gibt den Schülern den Tipp mit auf den Weg, auch zur Lehrstellenoffensive zu kommen. Die ist am 7. November im DVV-Saal. Auch Kehr Holdermann ist dann wieder mit Lehrlingen vertreten. Und wer weiß, vielleicht findet sich dann ja der eine oder andere Besucher von Donnerstag an diesem Stand ein.