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Stadtrat Köthen Stadtrat Köthen: Am 30. September zuckt der letzte Blitz

Von Matthias Bartl 25.09.2001, 17:34

Köthen/MZ. - Die Stadt Köthen blitzt bald nicht mehr. Entgegen der Empfehlung der Stadtverwaltung beschloss der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung mit 17 Nein- gegen 15 Ja-Stimmen, die Geschwindigkeitsmessungen im Stadtgebiet zum 30. September zu beenden. Die Mess- und Auswertetechnik wird zurückgegeben.

Die zum Thema durchgeführte Debatte im Stadtrat machte zwei ganz Positionen deutlich, die unterschiedlicher nicht sein konnten: Auf der einen Seite diejenigen, die im "Blitzen" keinen Sinn erkannt haben, darin in erster Linie "Abzocke" sehen, auf der anderen Seite die Stadträte, die der Geschwindigkeitsmessung einen erzieherischen Wert beimessen.

Die nüchternen Fakten: In der Zeit vom 1. September 1999 bis zum 30. Juni 2001 wurden durch die städtischen Tempomesser 4939 Verstöße festgestellt, wurde in 4017 Fällen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Dabei wurden Verwarn- und Bußgelder in Höhe von 143 721,90 Mark vereinnahmt. Dem stehen Kosten in Höhe von mehr als 287 000 Mark gegenüber, die vor allem aus dem Personaleinsatz resultieren. Dieses deutliche Defizit war dann auch ein weiterer wesentlicher Argumentationspunkt der "Blitz"-Gegner. Wenn die Geschwindigkeitsmessungen vorrangig als erzieherische Maßnahme eingesetzt werden würde, erhöhe sich das Defizit weiter, und genau das führe dann letztlich zu "Beutelschneiderei", weil man dann - zum Ausgleich des Defizits sozusagen - an Stellen blitzen müsse, wo schneller gefahren wird.

Das Kostenargument, so wurde gekontert, sei Quatsch, nicht zuletzt deshalb, weil die Verwaltung schon angekündigt hatte, dass die Messungen in Zukunft nur nach Bedarf erfolgen sollen. Durch durch Verminderung und Veränderung der Organisation für die Geschwindigkeitsüberprüfungen entfallen zukünftig ungefähr 100 000 Mark an Personalkosten. Darüber hinaus sahen die Kritiker im Ende des "Blitzens" ein völlig falsches Signal für die Öffentlichkeit. Dessau rüste auf, Köthen rüste ab - hier dürfe man rasen, hieße das. Abgesehen davon, so weiter, gebe es im Straßenverkehr Regeln, wer dagegen verstoße und ertappt werde, müsse mit Strafe rechnen. Das sei allemal berechtigt und keine sonstwie geartete Abzockerei.

Mehr Schlagkraft hatte freilich das Argument der "Blitz"-Gegner, das Gerät sei deshalb nicht geeignet, die Schwächeren zu schützen, weil es offenkundig nur bei Sonnenschein funktioniere - in der Dämmerung gehe es nicht, bei Regen und Dunst ebenso wenig. Aus dieser richtigen Feststellung wurde allerdings nicht der logische Schluss gezogen, sich dann eine unter allen Witterungsbedingungen einsatzfähige Technik anzuschaffen, sondern gefolgert, es handele sich bei "Blitzerei" um das "Hobby" einiger in der Verwaltung.

Für andere wiederum galten die Argumente, die 1999 zur Einführung der Technik geführt hatten, immer noch: Allerdings müsse man die Organisation des Einsatzes des Messgerätes verbessern und geeignete Maßnahmen einleiten, um zum einen kostengünstiger zu arbeiten und zum anderen den Erziehungszweck nachhaltiger zu erreichen - dies freilich hatte die Stadtverwaltung ohnehin schon avisiert.

Am Ende wurde auf Antrag des CDU-Stadtrates Klaus Kretzschmar namentlich abgestimmt: Für die Abschaffung der Messtechnik und das Ende der Köthener "Blitz"-Ära stimmten Andreas Auerbach, Erich Diener, Dorothea Fritsche, Herbert Heller, Heidemarie Heller, Huberta von Kerssenbrock, Klaus Kretzschmar, Günter Mägdefrau, Bruno Pohle, Hans-Martin Riemen, Hartmut Sack, Werner Sobetzko, Stefan Westphal (alle CDU-Fraktion), Horst-Peter Lämmler, Barbara Lindovsky (beide SPD-Fraktion), Heinz Balzer und Uwe Schönemann (beide FDP-Fraktion). Für das Beibehalten des "Blitzens" sprachen sich aus: Günther Hoppe, Walter Kulawik, Ronald Mormann, Frank Pelzer, Martin Pfarr, Uwe Raubaum, Bernd Rogaischus (alle SPD-Fraktion), Felix Barthel, Fritz Greye, Marina Hinze, Monika Kolze, Ronald Maaß, Uwe Maeser, Horst-Georg Richter (alle PDS-Fraktion) und Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander. Kommentar