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St. Marienkirche Roßlau St. Marienkirche Roßlau: Vom Zuckerhut ins Rosseltal

Von Thomas Altmann 04.02.2004, 20:25

Roßlau/MZ. - Die drei Brasilianerinnen, die an der Universität "Unisios" in Sao Leopoldo studieren, waren am Dienstagabend zu Gast in der Roßlauer Mariengemeinde. Das hat längst Tradition. Denn die zukünftigen Deutschlehrerinnen erhalten ein Stipendium vom "Gustav-Adolf-Werk", dem "Diasporawerk der Evangelischen Kirche", welches weltweit protestantische Projekte unterstützt und zudem ökumenisch tätig ist. Pfarrer i. R. Gerhard Pfennigsdorf war jahrelang Vorsitzender des Hauptgruppe Anhalt des Gustav-Adolf-Werkes. So kam es, dass die Studenten auf ihrer vom Verein finanzierten Studienreise dieser Tage auch in Roßlau Station machten.

Die Bildungsreise von insgesamt zehn Studenten begann in Bremen, wo eine Woche lang deutsche Heimlichkeit in Gastfamilien erlebt werden konnte. Es folgten 14 Tage Leipziger Herder-Institut mit Intensivkurs Deutsch und Hospitationen. In Berlin begab man sich auf die Spuren der deutschen Geschichte und Kultur. Weil das Unterfangen kirchlich getragen wird, wurde die Gruppe dann aufgeteilt, um im protestantischen Kernland evangelisches Gemeindeleben zu beschnuppern. Danach gibt es eine Woche Urlaub.

Zum Gemeindeabend erzählten die Studentinnen. Man erfuhr etwa, dass ein Lehrer, der an staatlichen Schulen angestellt sei, 40-60 Stunden Unterricht geben müsse, um einen halbwegs erträglichen Lohn zu empfangen. Arbeitslose müssten zwei Jahre gearbeitet haben, um für ein halbes Jahr Unterstützung zu bekommen. Die Botschaft: Wir sind reich - trotz Lethargie und alledem.

Dann zeigt Pfarrer Pfennigsdorf Bilder einer Brasilienreise. Auf der Leinwand erscheinen durchaus europäische Großstadtfragmente und kleine aber feine evangelische Kirchen. Dann rückt auch schon mal eine magere Pferdekutsche ins Bild, das Vehikel eines Müllsammlers, der alles Brauchbare aus dem Abfall der Stadt sortiert, um es schließlich feilzubieten.

Auch die deutscheste aller brasilianischen Städte flimmert über die Leinwand. Blumenau ist benannt nach einem eingewanderten Arzt, der viele Landsleute nachzog. Man sieht Fachwerkidylle á la Süddeutschland. Ein Oktoberfest gibt es hier auch. Deutlich zeichnet sich unser Image ab: der Deutsche ist eine biersaufende Seppelhose mit Fachwerkhäuschen.

Im Vergleich zu früheren Besuchen fiel dieser Abend eher spartanisch aus. Und wenn zwischen Thermoskanne und Abendlied Pfarrer Tobies zum finalen Gebet bläst, ist Feierabend. Tschüss Tanara, Andreia und Rosangela. Eh' ihr den Zuckerhut wiedersehen werdet, trefft ihr vielleicht waschechte Seppelhosen auf der Zugspitze. Schönen Urlaub in Bayern.