1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Illegale Müllentsorgung: Sperrmüll in Dessau-Roßlau: DWG kämpft gegen Umweltsünder

Illegale Müllentsorgung Sperrmüll in Dessau-Roßlau: DWG kämpft gegen Umweltsünder

Von Heidi Thiemann 24.08.2016, 08:00
Der abgelegte Müll verschandelte mehrere Tage den Hinterhof.
Der abgelegte Müll verschandelte mehrere Tage den Hinterhof. Lutz Sebastian

Dessau - Erst lag eine Matratze da, dann kamen Couchteile hinzu, später noch Elektroteile, diverse Müllsäcke und und und. Auf dem Hinterhof in der Kavalier-/Askanische-/Willy-Lohmann-Straße hatte sich über Nacht ein ehemaliger Sandkasten in die reinste Sperrmüllkippe verwandelt.

„Leider kein Einzelfall“, schüttelt Sigrid Heide den Kopf. Die Kundenteamleiterin in der Abteilung Bestandswirtschaft der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) sagt: „So etwas stellen wir immer wieder fest.“ Da, wo sich Bewohner kaum noch kennen, würden vermehrt Dreckecken ausgemacht, sagt Walter Matthias, Pressesprecher der DWG; in größeren Wohninnenhöfen etwa. Doch ist das nur bei der DWG der Fall? Laut Aussagen des Wohnungsvereins und der Wohnungsgenossenschaft gibt es bei ihnen kein Sperrmüllproblem.

Kostenlose Entsorgung

Doch das müsste es eigentlich auch beim größten Dessauer Vermieter nicht geben. „Denn jeder kann seinen Sperrmüll über den Stadtpflegebetrieb entsorgen lassen“, sagt Heide. Dazu muss nur eine Karte ausgefüllt werden, die es zum Beispiel im Bürgerbüro des Rathauses gibt. Ein Kubikmeter pro Person und Jahr wird kostenfrei entsorgt, darüber hinaus ist das kostenpflichtig.

Auch online kann die Entsorgung beim Stadtpflegebetrieb angemeldet werden. „In Dessau ist das toll geregelt“, weiß sie aus Erfahrung mit anderen Städten: „Bei uns wird ein Termin genannt, wann der Sperrmüll abgeholt wird. Die Sammlung erfolgt nicht wie anderenorts an zentralen Tagen im Jahr.“

Am Abend vor der Abholung ist der Sperrmüll bereitzustellen und eben nur das, was beim Stadtpflegebetrieb auch angezeigt wurde. Steht mehr da, etwa weil Mülltouristen das ausnutzen, bleibt das Unangemeldete liegen. Wie auch im Fall des Hinterhofs Kavalier-/Askanische-/Willy-Lohmann-Straße.

Mieter müssen für Entsorgung draufzahlen

Werden Sperrmüllhaufen in den Wohngebieten von Anwohnern oder vom Stadtordnungsdienst gemeldet, so Heide, wird zuerst beim Stadtpflegebetrieb nachgefragt, ob Sperrmüll von Mietern angemeldet worden ist. „Manchmal stellen sie alles zwei, drei Tage zu früh raus“, sagt sie. Dann werde die Entsorgung abgewartet.

Kommt es aber dazu, dass dort mehr liegt oder überhaupt jemand illegal etwas abgelegt hat, dann müsse das extra entsorgt werden. Was auch extra koste. Weshalb das Unternehmen bestrebt ist, die Verursacher zu ermitteln. „Das aber ist alles andere als leicht“, sagt Matthias. Denn nur, wenn der Verursacher zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, können ihm auch die Kosten und Nachfolgekosten für den Sondermüll in Rechnung gestellt werden.

Nachfolgekosten entstehen beispielsweise, wenn Sperrmüll angezündet wird. Wie im vergangenen Jahr in der Antoinettenstraße, als dadurch eine Hausfassade beschädigt wurde. Der Schaden: 10.000 Euro. Ein Verursacher wurde nicht ermittelt.

Allein für die Beseitigung von Sondermüll musste die DWG 2015 insgesamt 37.740 Euro aufbringen. Damit der Vermieter nicht auf dieser Summe sitzen bleibt, legt er sie auf die Mieter in den entsprechenden Wohnbereichen um. „Wir sind dazu berechtigt“, sagt Matthias und verweist auf ein grundsätzliches Urteil des Bundesgerichtshof aus dem Jahr 2010. Demnach gehören die finanziellen Aufwendungen zur Beseitigung von Sperrmüll auf den Gemeinschaftsflächen auch dann zu den umlagefähigen Betriebskosten, wenn sie durch rechtswidrige Handlungen Dritter ausgelöst worden sind.

Nur jeder Dritte wird ertappt

Nur etwa jeder dritte „Schwarz-Entsorger“ wird ertappt, sagt Heide. „Damit die Allgemeinheit also nicht die Kosten tragen muss, sind wir auf Hinweise angewiesen.“ Doch daran hapere es. Selbst wenn Nachbarn wüssten, wer den Sperrmüll illegal abgelegt hat, werde der nicht verpfiffen. „Denn in der Nachbarschaft möchte man ja keinen Ärger haben“, hebt Walter Matthias etwas resignierend die Schultern. „Doch wir brauchen die Mitwirkung der Mieter“, appelliert er. Die zahlen letztlich auch die Zeche.

Für die Sperrmüllentsorgung zugelassene Sperrstücke sind zum Beispiel Möbel (außer aus Glas und Metall), Matratzen, Sprungfederrahmen, Fußbodenbelag.

Ausgeschlossen sind laut Abfallentsorgungssatzung der Stadt Teile von Bau- oder Umbau wie Steine, Fenster, Sanitärkeramik, Heizungsanlagen, Kfz-Teile oder Öfen. Auch Elektro- und Elektronikschrott zählt nicht dazu. Die Abholung kann gesondert beantragt werden.

Dass das Problem der Mülltouristen durch neu hinzugezogene Ausländer in den Wohngebieten entstanden ist, verneint Walter Matthias. „Das hatten wir auch schon vor zehn Jahren“, verweist er auf eine Veröffentlichung, im DWG-Mieter-Journal. 1996 hieß es da: „Vermüllte Wohngebiete - muß das sein?“.

Um die Mieterschaft grundsätzlich über Müll, Mülltrennung und -vermeidung aufzuklären, hat die DWG Schreiben in mehreren Sprachen verfasst. Für manche Mieter, etwa aus dem Nahen Osten, sei das deutsche Müllsystem Neuland, weiß Matthias. Doch wolle das Unternehmen eben auch verhindern, das sie sich an falschen Vorbildern orientieren. (mz)

Auch vor den Mülltonnen türmen sich die Müllsäcke.
Auch vor den Mülltonnen türmen sich die Müllsäcke.
Yamen al Sharafli