Spender und Empfänger liegen sich in den Armen
DESSAU/MZ. - Zu den 70 aktuellen Spendern des zurückliegenden Jahres hat sich auch Holger Heimlich aus Wolfen gesellt. Er hatte vor zweieinhalb Jahren Stammzellen für einen an Leukämie erkrankten Empfänger gespendet. Nach Ablauf der zweijährigen Sperrfrist hatten beide Seiten einvernehmlich ihre Bereitschaft erklärt, die strikte Anonymität zu lüften. Die erstmalige Begegnung des 46-jährigen Wolfeners Holger Heimlich mit dem 50-jährigen Jürgen Solbrig aus Bohmte bei Osnabrück sollte am Freitag die feierliche Spenderehrung krönen.
Ein erster telefonischer Kontakt kam im Frühjahr 2009 zustande, als Solbrigs Ehefrau den noch fremden Spender neuen Lebens zum 50. Geburtstag ihres Mannes einladen wollte. "In eine so familiäre Runde wollte ich aber nicht gleich eindringen oder mir auf die Schulter klopfen lassen", schüttelt Heimlich den Kopf, zog als Treffpunkt den würdig großen Rahmen an der Seite der anderen Stammzellenspender vor. Und dort war fast das offizielle Programm vor der imposanten Kulisse des imposanten Ganzmetallflugzeuges namens "Tante JU" gelaufen, als sich noch einmal die Tür zur großen Museumshalle öffnete. Und zum Ende der abschließenden Spenderehrung lagen sich Holger Heimlich und Jürgen Solbrig vor einem großen Publikum in den Armen. Genauso gerührt sind DSD-Registerärztin Dr. Ilona Wojtzyk, Geschäftsführerin Ursula Lassen und Koordinatorin Annette Wodke-Curtius: Wird in dieser besonderen Begegnung doch der Erfolg ihrer Arbeit ganz augenscheinlich, wenn sich vor Spendern und Empfängern auf wundervolle Weise ihr tägliches Ziel, Leben zu retten, offenbart.
"Diese persönliche Begegnung ist doch etwas anderes als Briefe, E-Mails oder Telefonate", meint auch Gerd Raschpichler, Beigeordneter für Gesundheit, Soziales, Bildung und Kultur der Stadt Dessau-Roßlau. In seinen Dankesworten vor den Spendern, Mitgliedern, Freunden und Organisatoren der Datei, zollt der Dezernent höchsten Respekt für die außerordentlichen Leistungen aller Beteiligten, die Freiwillige gewinnen und betreuen oder unentgeltlich bereit sind, Knochenmark oder Stammzellen für fremde Leukämiepatienten zu spenden. Anonym und weltweit. 70 Retter fanden sich im vergangenen Jahr zu diesem Schritt bereit, der tief in die Lebenswelt eines Unbekannten eingreift.
Sieben Spender aus Sachsen-Anhalt waren am Freitag der Einladung ins Junkers-Museum gefolgt. Neben Holger Heimlich aus Wolfen, hatten Martin Pisch (Bad Schmiedeberg), Saskia Wilschke (Oranienbaum), Eike Seiffert und Monique Losse (beide Wittenberg), Andreas Weinert (Beesenlaublingen) und Stefanie Frisch aus Rodleben Blutstammzellen und mit ihnen Kranken ein zweites Leben gespendet.
"Die Entnahme selber ist nicht dramatisch", erinnert sich Holger Heimlich gern an die fürsorgliche Rundum-Betreuung, die ihm im Februar 2007 zuteil wurde. "Es ist wie eine lange Blutspende. Man muss es schaffen, über drei bis vier Stunden total verkabelt regungslos zu bleiben. Und hat für den kleinsten Fingerzeig einen Helfer." Heimlich und Solbrig lachen.