Sie dürfen öffnen tun es aber nicht Sie dürfen öffnen tun es aber nicht: Warum das Erwachen der Kinos so lange dauert

Dessau - Sie dürften. Aber sie tun es nicht. Filme zeigen. Gut, das Kiez-Kino ist eh dicht, aber auch im UCI tut sich nichts. Kino? Gibt’s derzeit - wenigstens das - in Dessau-Roßlau nur für Autofahrer.
Das Zögern ist keineswegs beschränkt auf diese Stadt. Landauf, landab spielen die meisten Kinos nicht. Berlin? Ein einziges Lichtspielhaus lässt pro Abend einen Film laufen. „Gundermann“, „Parasite“ sind hervorragend, aber nicht mehr taufrisch. Und „Dirty Dancing“? Muss man mögen und kam schon 1987 raus.
Was um alles in der Welt ist los mit den Kinobetreibern. Können sie nicht? Wollen sie nicht? Die UCI betreibt in Deutschland 24 Multiplexe, gerade einmal drei davon hat sie wieder geöffnet.
Zögerlichkeit der Kinos für den Neustart hat viele Gründe
Die Zögerlichkeit hat Gründe. Ein Kino nach Monaten wieder hochzufahren bedeutet mehr, als Türen aufzusperren, Filmserver hochzufahren und Beamer einzuschalten. „Es war immer klar“, sagt Christian Bräuer, „dass wir vier bis sechs Wochen Vorlauf brauchen.“ Denn nicht nur die Kinos sind stillgelegt, die gesamte Filmbranche ist durch Corona in eine Art Winterstarre verfallen.
Bräuer weiß das bestens. Er betreibt zwei Kinos in Bonn und Dresden, ist Vorstand der AG Kino, eines Verbandes von Art-House-Kinos und unabhängigen Verleihern, und sitzt in verschiedenen anderen Filmgremien.
Ein ganz banaler Grund, weshalb es auch in den nächsten Wochen kein Kino geben wird, wie man es kennt: Es fehlt an Filmen, jedenfalls an neuen. 664 Filmstarts verzeichnete 2019 der Verband der Filmverleiher. Macht pro Monat im Schnitt 55. Viel zu viel, klagen Branchenkenner seit Jahren, vor allem zu viel Mittelmaß und darunter. Egal ob internationaler oder deutscher Film. Bräuer mit Blick auf die deutschen Produktionen: „Wir haben eine Schieflage in der Förderung. Die Anzahl der Filme nimmt zu, die Qualität ab. Wir kommen vielleicht im Jahr auf 20 gute Filme.“
Gut oder schlecht ist momentan nicht die Frage. Im Mai kamen vier Filme auf den Markt. Kein einziger dürfte größere Chancen an der Kinokasse haben. Damit kann man kein Kino machen, egal ob Programmkino oder Abspielkette.
Keine Filme heißt auch: Keine Kritiken, keine Trailer, keine Werbung. Alles muss erst wieder hochgefahren werden. Die großen amerikanischen Studios und Verleiher kommen erst ab Juli wieder einigermaßen in die Gänge. Claas Danielsen, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Medienförderung: „Es kristallisiert sich jetzt der 2. Juli als Starttermin für viele Kinos heraus.“ Auch deutsche Verleiher haben reagiert. Der Start des vielversprechenden „Berlin Alexanderplatz“ wurde von Mitte Mai auf den 25. Juni und inzwischen auf den 30. Juli verschoben.
Abstandsgebot sorgt für eine komplizierte Situation in den Kinos
Doch selbst wenn demnächst nur hervorragende Filme liefen, egal, ob nun krachiger Hollywood-Blockbuster oder intelligente Art-House-Produktion, bleibt die Situation kompliziert. Der Grund lässt sich mit einem Wort beschreiben: Abstandsgebot. „Bei 80 Plätzen könnte ich vielleicht 20 besetzen“, sagt Christian Bräuer. „Dann ist Spielen unter Umständen teurer als Geschlossensein. (mz)