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Shakespeare geht immer Shakespeare geht immer: Burgtheatersommer in Roßlau mit verrückter Verwechslungskomödie

Von Silvia Bürkmann 17.07.2019, 08:00
Kann nach den endlosen Verwirrungen hier wirklich jeder Topf seinen passenden Deckel finden?
Kann nach den endlosen Verwirrungen hier wirklich jeder Topf seinen passenden Deckel finden? Thomas Ruttke

Roßlau - Junge Leute flitzen und tänzeln über den Hof. Klirrende Degen, laute Schreie und schallende Ohrfeigen, getragen und getrieben von rhythmischen Klavierklängen. Dazwischen Rufe zur Mäßigung und Neustart.

Die Hinweise sind klar: Auf der Burg Roßlau sind Gäste eingezogen. Es ist wieder Burgtheatersommer. Es ist mittlerweile der insgesamt 22. und der 14. unter der Regie des Vereins TheaterBurg Roßlau. Der bringt seit 2005 seine Produktionen mit freien Schauspielern, Regisseuren und Kulturschaffenden zumeist aus Berlin auf die Bühne vor der mittelalterlichen Burgkulisse. Nach dem Riesenerfolg vom „Sommernachtstraum“ im vorigen Jahr wechselt das Team um Produktionsleiter Benjamin Kolass nicht das Zugpferd: Auch 2019 geht wieder ein Shakespeare ins Rennen. Mit „Was ihr wollt“ nehmen die Burgschauspieler jetzt eine tragisch-komische Verwechselungskette auf ihre Raufe.

„Hier sind ja sämtliche Abläufe für das Stück anders als auf einer glatten Theaterbühne“

Seit vorletzter Woche haben die Berliner in Dessau-Roßlau ihre Quartiere aufgeschlagen und nahmen umgehend die Burg Schritt um Schritt wieder in Besitz. Das kann getrost wörtlich genommen werden, wie Regisseurin Andrea Pinkowski sagt: „Hier sind ja sämtliche Abläufe für das Stück anders als auf einer glatten Theaterbühne.“ Andere Entfernungen, Ecken und Winkel ergeben andere Takte für die zu sprechenden Texte. Und Open Air Theater erfordere auch einen ganz anderen Einsatz und Volumen in der Stimme.

Die Theaterleute nun sind zwar jung, aber keine „heurigen Häschen“ mehr. Die meisten haben schon bei einem oder anderen Burgtheatersommer der Vorjahre mitgewirkt. Im Vergleich der Besetzungslisten von „Was Ihr wollt“ und „Ein Sommernachtstraum“ tauchen 2019 lediglich drei Debütanten auf. Neu im Boot ist auch Nele Ahrens als Bühnen- und Kostümbildnerin.

Der Großteil also hat Burg-Erfahrung in Roßlau. Dass sie die gern fortführen und erweitern wollen, wird jedem offenbar, der jetzt mal im Burghof aufkreuzt. Hier wird auf- und umgebaut, werden in der Alten Küche die Kostüme gewechselt oder Accessoires gesucht. „Hat einer irgendwo meinen Text gesehen?“

Die Regisseurin selbst erinnert sich gern an ihre Roßlau-Premiere 2017 mit Peer Gynt

Nach individuellen Proben in Berlin hatten die zehn Schauspieler zuletzt zwei Wochen Pause. „Jetzt brauchen sie wieder ihre kleine Einlaufkurve“, kennt Andrea Pinkowski die Lebensrhythmen freier Schauspieler. Die Regisseurin selbst erinnert sich gern an ihre Roßlau-Premiere 2017 mit Peer Gynt. Und ihre Augen strahlen vor Freude auf die kommenden Vorstellungen.

Die zwei Shakespeare-Stücke muten zwar ähnlich an, seien doch von ganz verschiedenem Kaliber. So hat der Großdramatiker von der Insel mit „Was Ihr wollt“ doch tatsächlich mal ein Stück geschrieben ohne Elfen und Sagengestalten. „Die Personen sind normale Menschen in ihrer Zeit und festgefügten Gemeinschaft.“

Die temporeiche Komödie mit schnellen Szenenwechseln lässt Raum für Musik und Tanz

Und genau die gerät ins Chaos, als nach einem Schiffbruch Viola als scheinbar einzige Überlebende auf der Insel Illyrien Schutz sucht. Sich aber selbst als jungen Mann ausgibt. Aus nicht unberechtigter Sorge, wie die Zuschauer bald erfahren. Denn die scheinbar heile Welt ist zerrüttet von dekadenten Gewohnheiten und ummantelt von schwärmerischen Illusionen. Das Mädchen in Jungenkleidung stiftet heillose Verwirrung... in der sich jeder fragt, wer bin ich überhaupt?

Die temporeiche Komödie mit schnellen Szenenwechseln lässt Raum für Musik und Tanz. Hier findet das Stück mit dem Berliner Chansonnier Karl Neukauf am Klavier eine ebenso einfühlsame wie stringente Begleitung.

Neben 19 Abendvorstellungen des Stücks gibt Neukauf am 13. August ein eigenes Konzert zu seinem Album „Hinter Geranien und Gardinen“. Der Sänger hat seinen alten Freund und Kollegen André Herzberg für einen Auftritt in Roßlau erwärmt. Und so singt der DDR-Rocker von Pankow am 6. August auf der Burg. (mz)

Premiere: Donnerstag, 25. Juli, 20 Uhr; Infos und Karten: www.theaterburg-rosslau.de und Besucherring Anhaltisches Theater; Tel. 0340/2511222

Neben Shakespeare im Abendprogramm gibt es an den Sonnabenden und Sonntagen, 27. und 28. Juli sowie am 3. und 4. sowie 10. , 11., 17. und 18. August, 15 Uhr , in der Torscheune „Das kalte Herz“ nach Wilhelm Hauff.

Erstmals gibt es auch einen Märchen-Workshop in Kooperation mit der Ölmühle. Vom 31. Juli bis 4. August können die Kinder von 10 bis 14 Uhr gemeinsam mit Schauspieler „Die Bremer Stadtmusikanten“ inszenieren.

Premiere: 4. August, 11.30 Uhr

Auf dem Burghof fliegen tüchtig die Fetzen ...
Auf dem Burghof fliegen tüchtig die Fetzen ...
Ruttke
Mittendrin und voll im Bilde: Regisseurin Andrea Pinkowski.
Mittendrin und voll im Bilde: Regisseurin Andrea Pinkowski.
Ruttke
... und die Haare
... und die Haare
Ruttke