1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Seit drei Generationen: Seit drei Generationen: Dessauer Konditorei Mrosek besteht seit einem Dreivierteljahrhundert

Seit drei Generationen Seit drei Generationen: Dessauer Konditorei Mrosek besteht seit einem Dreivierteljahrhundert

Von Annette Gens 10.09.2020, 10:06
Aber bitte mit Sahne: Die Brüder und Konditormeister Hendrik (li.) und Matthias Fuchs führen heute Dessaus renommierte Konditorei Mrosek.
Aber bitte mit Sahne: Die Brüder und Konditormeister Hendrik (li.) und Matthias Fuchs führen heute Dessaus renommierte Konditorei Mrosek. Thomas Ruttke

Dessau - Es herrscht hektische Eile an diesem Dienstagmorgen. Kurz vor 10 Uhr stehen die ersten Gäste vor der Tür, die Appetit auf Kaffee und Kuchen haben. In der Konditorei wird gerade das Frühstück für 20 Frauen vorbereitet. Die Kaffeetafel ist festlich gedeckt. Es wird Suppe, süße und herzhafte Leckereien geben.

Ein bisschen Hektik gehört zum Alltag der Konditorei Mrosek dazu. Es ist die älteste Dessaus und die zweitälteste in Sachsen-Anhalt. Und stolz sind die Inhaber Hendrik und Matthias Fuchs auf ihr Familienunternehmen, das am 1. September 75 Jahre alt geworden ist.

Nur vier Monate nach dem Zweiten Weltkrieg gründete der Großvater der heutigen Inhaber, Hans Mrosek, seine Konditorei. Es ist die Zeit, in der Lebensmittel knapp waren und nur auf Lebensmittelmarken zu erhalten sind.

Trotz Kriegsverletztung der Start in ein neues Leben als Konditor

Konditor Hans Mrosek hat aber insofern Glück, da in Dessau die Zuckerfabrik arbeitet und die Arbeiter gern ihr Zuckerdepotat gegen die stadtbekannten Fondant-Pralinen eintauschen. Man liebt es, nach vielen Jahren Entbehrung Süßes zu naschen. Mrosek hatte also Zulauf im kleinen Lädchen, das er in der Dessauer Franzstraße mit seiner Frau Ilse gegründet hat und das rund zehn Jahre später in die Askanische Straße 52 umgezogen ist.

Dass Mrosek auf eigenen Füßen stehen und ein kleines Unternehmen gründen konnte, er selbst hätte das wahrscheinlich am wenigsten gedacht. Als Soldat an der Ostfront erlitt er eine Kriegsverletzung. Bei einem Bombenangriff verlor er seinen linken Arm.

Das muss ein schwerer Einschnitt in seinem Leben gewesen sein. Er habe darüber sinniert, was werden solle, erzählt Tochter Bianka Mrosek-Zabel. Ob er seinen Lebensunterhalt als Fahrstuhlführer oder Straßenbahnschaffner verdienen solle. Es kam anders - ein Glück für alle Dessauer, die Süßes mögen.

Die beiden Inhaber sind aber auch bekannt für ungewöhnliche Tortenkreationen

Am 1. April 1978 übergab der Firmengründer seine Konditorei an seinen Schwiegersohn Bernd Fuchs und seine Frau Petra. 1995, zum 50-jährigen Geschäftsjubiläum, wurde eine Filiale im Rathauscenter eröffnet. Zu dieser Zeit arbeiten die beiden Söhne Hendrik und Matthias Fuchs bereits mit, haben beide die Meisterprüfung absolviert und greifen zum ersten Mal nach den Sternen. Ins Guinnessbuch der Rekorde wollen sie mit der größten Gildo-Horn-Nussecke.

Sie schaffen es nicht, dafür aber vieles andere. Zum Beispiel, dass die Torfsteine, die Großvater Hans Mrosek in Ermangelung an Sahne ersann, bis heute ein Renner sind. Wie auch der Streusel- und Prasselkuchen oder die Nusstorte, die „in der Auslage nicht fehlen darf“, sagt Matthias Fuchs.

Die beiden Inhaber sind aber auch bekannt für ungewöhnliche Tortenkreationen: Für den Segelfan gibt es Torte in Bootsform, fürs Dinnerkrimi fließt „Blut“ über schmelzende Creme. Ein Zahnarzt bekam einen süßen Torten-Zahn. Es sei schön, so verrückte Torten herzustellen.

„Wir merken, dass die Dessauer wieder Kaffeetrinken und Kuchen essen wollen“

Vor wenigen Tagen hat die Handwerkerschaft zum „75.“ gratuliert. Das war übrigens nicht der einzige Anlass, an die „Anfänge unserer Konditorei zu denken“, erinnert Matthias Fuchs an den 18. März 2020 und den folgenden Lockdown. „Jetzt machst du in kürzester Zeit das kaputt, was zwei Generationen aufgebaut haben“ - dieser Gedanke ließ ihn nicht los.

Die Filiale im Rathauscenter war dicht, die in der Askanischen Straße war nur wenige Tage geöffnet. Die Hotels benötigten in Ermangelung von Touristen keine Torten und Kuchen. Doch die Betriebskosten blieben gleich hoch.

Das Blatt hat sich inzwischen gewendet. „Wir merken, dass die Dessauer wieder Kaffeetrinken und Kuchen essen wollen.“ Deshalb blicken die beiden Brüder schon jetzt optimistisch auf das Weihnachtsgeschäft. Demnächst wird in der Konditorei Baumkuchen und Stolle gebacken. Elf Sorten Stolle bietet Mrosek an. Eine zwölfte soll noch in diesem Jahr kreiert werden. An der Wörlitzer Bahnhofstolle wird aber noch getüftelt. Nur soviel steht fest. Da die Wörlitzer Eisenbahn an den Orangerien des Gartenreichs vorbei fährt, soll das Backwerk mehr Orangeat enthalten als andere Stollen. (mz)

Ilse und Hans Mrosek (links und rechts vom Plakat) mit ihrem Team.
Ilse und Hans Mrosek (links und rechts vom Plakat) mit ihrem Team.
Mrosek/Fuchs
Die Jubiläums-Urkunde
Die Jubiläums-Urkunde
Ruttke
Blick ins die Backstube der 50er Jahre.
Blick ins die Backstube der 50er Jahre.
Mrosek/Fuchs