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Sammlung antarktischer Flechten in Dessau  Sammlung antarktischer Flechten in Dessau : Schatz aus dem ewigen Eis

Von Danny Gitter 23.09.2015, 18:12
Museumsmitarbeiter Timm Karisch freut sich über den Besuch des russischen Flechten-Experten Mikhail Andreev. Er hilft beim Bestimmen der Dessauer Sammlung aus der Arktis und Antarktis.
Museumsmitarbeiter Timm Karisch freut sich über den Besuch des russischen Flechten-Experten Mikhail Andreev. Er hilft beim Bestimmen der Dessauer Sammlung aus der Arktis und Antarktis. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau - Der Künstler und Romantiker mag darin ein Kunstwerk der Natur sehen. Der Wissenschaftler sieht es nüchterner, wenn er Flechten betrachtet. „Flechten sind eine symbiotische Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz und Algen“, beschreibt Timm Karisch, Biologe am Naturkundemuseum, was da vor ihm liegt. Vom bunten Gebilde bis zum tiefdunklen Stein ist alles dabei in den Kartons, deren Inhalt etwa helfen kann Geheimnisse der Evolution von Pflanzen zu lüften. Doch Karisch hat nur Basis-Kenntnisse. „Die Untersuchungen und Einordnungen überlasse ich dann doch lieber Experten“, erzählt er.

Russischer Botaniker ist Experte

Mikhail Andreev ist solch ein Experte. Der russische Botaniker, der am Komarov-Institut für Botanik in St. Petersburg forscht und arbeitet, hat sich auf Flechten spezialisiert. Am Mittwoch machte er wieder einen Abstecher ins Naturkundemuseum, um den Bestand an Arktis- und Antarktisflechten weiter zu bestimmen und den Dessauern neue Exponate zu überlassen.

Seit rund zehn Jahren ist Andreev regelmäßig Gast in der Region. Die Verbindung zwischen dem russischen Forscher und dem Dessauer Museum hat Michael Gruner hergestellt. Der ehemalige Hochseefischer aus Vockerode hatte Andreev 1985 auf einer Forschungsstation in der Antarktis kennengelernt. Zur Unterstützung des deutsch-sowjetischen Teams wurde nach einem Techniker, der tauchen konnte, gesucht. In Gruner wurde man fündig. Um vor Langeweile auf der Station nicht durchzudrehen, entdeckte der Vockeroder die Beschäftigung mit Flechten für sich. In Andreev fand er den Fachmann dafür. Eine Freundschaft entwickelte sich.

Dauerleihgabe für Dessauer Museum

Gruner nahm eine Sammlung mit zu sich nach Hause. Über die Jahre kamen immer mehr Flechten von arktischen und antarktischen Expeditionen dazu. Vor drei Jahren entschied er sich, die Sammlung aus Flechten, Moosen sowie Gefäßpflanzen dem Dessauer Museum für Naturkunde und Vorgeschichte als Dauerleihgabe zu überlassen.

Mehr als 100 Exponate bereichern seitdem die botanische Sammlung des Dessauer Museums. „Das ist unglaublich wertvoll für uns als Museum, aber auch für die Wissenschaft“, sagt Timm Karisch. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts legte der anhaltische Flechtenforscher Richard Staritz eine umfangreiche Flechtensammlung im Naturkundemuseum mit Exponaten aus Mitteleuropa an, so der Museumsmitarbeiter.

Die Flechten aus der Antarktis machen das Dessauer Museum in dieser Hinsicht auch international bedeutsamer. Aber: „Es gibt nur wenige Wissenschaftler, die diese Exponate eindeutig bestimmen und zuordnen können“, so Karisch. Da war der Mittwoch ein Segen. Zwischen zwei Terminen in München und Halle nahm sich Andreev Zeit. Mit Hilfe von Inaugenscheinnahme, Bestimmungshilfen auf seinem Laptop und durch Mikroskopieren konnte er wieder etwas mehr Licht in das Dunkel der Sammlung des Dessauer Naturkundemuseums bringen. War er sich eindeutig sicher, bekamen die Gebilde in den Pappkartons Bezeichnungen zugewiesen. Auch 20 neue Exponate brachte der russische Antarktisforscher von seiner letzen Expedition (November 2014 bis März 2015) mit.

Klimaveränderung und Vegetation

„Die Flechten können uns viel über die Klimaveränderung und Vegetation in dieser Region erzählen“, sagt der Antarktisforscher und freut sich, einen Teil zum Lüften dieser Geheimnisse beitragen zu können. Erstmal bewahrt das Naturkundemuseum diese Schätze sorgfältig für ihn auf. Im Dezember geht der 61-Jährige wieder für einige Monate auf Forschungsreise. Nicht ausgeschlossen, dass er davon für seinen nächsten Besuch in Dessau auch wieder was im Gepäck hat. (mz)