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Reppichau und seine Geschichte Reppichau und seine Geschichte: Auf den Spuren des «Sachsenspiegel»

Von Ute Hartling-Lieblang 05.07.2002, 17:55

Reppichau/MZ. - "Hier kann man ja beim Eierholen berühmt werden", scherzt eine Besucherin, die sich gerade anschickt, mit einem Zehnerpack frischer Hühnereier den Hof von Helga Pietsch in Reppichau zu verlassen.

Helga Pietsch wohnt in der Eike-von-Repgow-Straße 6. Dies allein aber wäre noch kein Grund für so viel Aufsehen. Neugierig gemacht hat die MZ-Reporter das Wandbild am Wohnhaus der Reppichauerin, das darauf hinweist, dass der Ritter "Eike von Repgow" (1180 bis 1235) genau an dieser Stelle einst seinen Wohnsitz gehabt haben soll.

Im weitläufigen Garten hinter dem Haus zeigt Helga Pietsch Besuchern gern, wo in etwa der Wallgraben der einstigen Ritterburg verlaufen sein könnte. "Schon als ich noch ein Kind war", so erinnert sie sich, "sind Archäologie-Professoren aus Halle hierher gekommen, um in der Gosse nach alten Scherben zu suchen." Und noch heute kommen ab und an ganze Busse voller Besucher nach Reppichau. Schüler- und auch Studentengruppen gehören mittlerweile zum gewohnten Dorfbild.

Den Spuren des berühmten Ritters, der im Auftrag des Grafen Hoyer von Falkenstein (1211-1250) das "Sassen Recht" erst in lateinischer Sprache aufgezeichnet und dann ins Deutsche übersetzt hat, begegnet man in Reppichau auf Schritt und Tritt. Zu verdanken ist dies dem künstlerischen Wirken von Schmiedemeister Frank Schönemann und Kunstmaler Steffen Rogge. Für die Reppichauer Dorfkirche hat auch der Künstler Bernhard Mattes bereits vor einigen Jahren zusammen mit Studenten Handsiebdrucke mit Motiven aus dem "Sachsenspiegel" hergestellt.

Inzwischen findet man diese bildlichen Darstellungen überall im Ortsbild von Reppichau. Als Einzelfiguren an den Masten der Straßenlampen, als Figurengruppen zum Beispiel im Kirchgarten oder auf Informationstafeln. Erst kürzlich wurden wieder zwei über zwei Meter hohe Großfiguren aufgestellt. Alles zusammen bildet das Kunstprojekt "Sachsenspiegel". Sogar der Kindergarten trägt der Geschichte des Ortes Rechnung und hat sich "Eike von Repgow Zwergenhaus" genannt.

Einer, der dem Besucher viele Details aus dem "Sachsenspiegel" genau erklären kann, ist Reppichaus Bürgermeister Erich Reichert. Er hatte schon vor über zehn Jahren die Idee, Eike von Repgow zum bildungstouristischen Markenzeichnen Reppichaus zu machen, was ihm nicht nur Zustimmung einbrachte. Seit September 2000 ist Reichert Vorsitzender des Eike von Repgow-Fördervereins, der bundesweit etwa 90 Mitglieder zählt.

Strukturanpassungsmaßnahmen, die durch das Arbeitsamt gefördert werden, ermöglichen es der Gemeinde, ein Informationsbüro des Vereins zu betreiben und auf Anmeldung Führungen durch den Ort zu organisieren. Auch die Nachforschungen zum "Sachsenspiegel" können so kontinuierlich betrieben werden. Einige der von Repgow im "Sachsenspiegel" abgehandelten Rechtsgebiete wie Verfassungsrecht, Strafrecht, Familien- und Erbrecht sowie das Dorf- und Nachbarrecht seien auch heute noch nicht überholt, erzählen die Frauen bei einem Ortstermin in der Pension "Eike", die dem Verein als Domizil dient, aber leider zur Zeit nicht bewirtschaftet wird. Das bedauert auch Helga Pietsch. "Wenn Besucher nach Reppichau kommen", sagt sie, "wollen sie doch schließlich auch mal irgendwo einkehren, um sich zu stärken."

Einmal im Jahr gehört Reppichau ganz der Wissenschaft. Dann lädt der Förderverein in die gotische Dorfkirche zu einer Informationsveranstaltung mit namhaften Referenten ein. In diesem Jahr waren Joachim Schymalla, Direktor der Burg Falkenstein, und zum wiederholten Male Prof. Heiner Lück von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu Gast. Lück ist Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und stellvertretender Richter am Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt.

Gekürzte Fassung - Den Originalartikel lesen Sie in der Lokalausgabe Köthen vom Sonnabend, 6.07.2002.