Prävention vor Diebstahl Prävention vor Diebstahl: IHK und Polizei wollen gegen Diesel-Diebe vorgehen
Dessau-Rosslau/Anhalt-Bitterfeld/MZ - Geklaut wird alles, was nicht niet- und nagelfest ist? Das war gestern. Heute wird gestohlen, auch was niet- und nagelfest ist. Bronzeplastiken aus Parks zum Beispiel, metallene Gartenzäune, verlegte Elektrokabel und montierte Dachrinnen, Teile von Baumaschinen, ja, ganze Baumaschinen sogar mit Tieflader dazu. Und vieles mehr, was manches Unternehmen letztlich bis ins Mark treffen kann - zum Beispiel Diesel.
Massive Sorge der Unternehmer
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau sucht deshalb die Zusammenarbeit mit der Polizei. „Einbruch, Diebstahl - das sind massive Sorgen von Unternehmern“, sagt Manfred Piotrowsky, Chef der Geschäftsstelle Dessau der IHK.
Wie kann sich eine Firma effektiv schützen? Die Polizei setzt auf Prävention und darauf, dass Unternehmer selbst auf die Sicherheit ihrer Firma achten - auch, indem sie in Einzelfällen in Sicherheitstechnik, Security-Dienste oder GPS investieren. Das Angebot der Polizei umfasst individuelle Konzepte, Schwachstellenanalysen und vieles mehr. „Der Ball liegt einerseits bei den Firmen“, sagt Kriminalrat Hanno Schulz, Sprecher des Dessau-Roßlauer Polizeireviers. Andererseits seien die Möglichkeiten der Firmen begrenzt.
Gestohlen wird, was unmittelbar und richtig Geld bringt. Sehr gut kann man das beim Metalldiebstahl beobachten, der in der Blüte steht. Da hat Anhalt-Bitterfeld in der Statistik der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost eine unrühmliche Spitzenposition inne. Aber auch in Dessau-Roßlau wird gestohlen, was das Zeug hält. Erst kürzlich wurden von einer Firma in Kühnau mehrere Tonnen Buntmetall gestohlen. Dass eine bundesweit agierende Bande dahinter steckt, vermutet die Polizei. Es gibt darüber hinaus aber jede Menge „Schrottsammler“, die in Abrisshäusern nach Metall suchen und sich auch auf Neubaustellen zu schaffen machen. Im Sommer, sagt Schulz, wurden recht massiv Kupferfallrohre im Bereich von Roßlau gestohlen. „Der oder die Täter sind bis heute nicht ermittelt.“
Hier versucht die Polizei, mit Prävention und Kontakten zu Schrotthändlern weiter zu kommen, was teilweise auch gelingt. Die Händler allerdings sind nicht gesetzlich verpflichtet, Verdächtige auch anzuzeigen. „Es ist extrem schwierig, weil es so vielschichtig ist, weil der kleinkriminelle Beschaffungstäter genauso mitmischt wie Leute aus der organisierten Kriminalität“, sagt Heiko Kuchta, Kriminaloberkommissar im Dezernat Einsatz/Kriminalitätsbekämpfung der Polizeidirektion Ost. Außerdem sei das Diebesgut oft schon zerstückelt worden.
Besonders gern werden Bau-Unternehmen heimgesucht, vor allem Baustellen. Trotz „gefühlter Zunahme“, wie Piotrowskiy meint, sagt die Statistik anderes: Wurden 2011 im gesamten Bereich der Polizeidirektion Ost, zu der der Kreis Anhalt-Bitterfeld, die Stadt Dessau-Roßlau und der Landkreis Wittenberg gehören, 293 Baustellen-Fälle bekannt, waren es 2012 schon über 30 weniger. Das ist allerdings nicht Anhalt-Bitterfeld zu verdanken. Denn hier ist die Kurve von 152 im Jahr 2011 auf 164 im folgenden Jahr angestiegen. Manchmal sind nach Meinung der Polizei die Firmen nicht ganz unschuldig daran. Einige Unternehmen stünden für geübte Diebe offen wie ein Scheunentor, Baustellen seien frei zugänglich. „Mancher Unternehmer verlässt sich aufs Glück und auf die Versicherung“, meint Kuchta.
Aufs Glück haben sich die Firmen im Bitterfelder Chemiepark nicht verlassen. Zaun und Securitas - das funktioniert. Bei kleineren Einzelunternehmen sieht die Situation anders aus. Auch in Dessau. „Wir hatten auch schon mal Security“, weiß beispielsweise Ralf Schubert, Bauleiter Dessauer Abbruch- und Recycling GmbH. Die Diebe hätten zwischen den nächtlichen Kontrollgängen dennoch immer wieder zugegriffen.
Hoher materieller Schaden
Neun Mal wurde das Unternehmen, das in der Dessauer Indus-triestraße einen Recycling- und Bauhof betreibt, allein in diesem Jahr bestohlen. Die Tanks der dort abgestellten Lkw werden abgezapft. Auch vor Baustellen und vor den dort abgestellten Baggern oder Raupen machten die Täter nicht halt. „Wir reden hier immer über den Diebstahl von 200 bis 600 Liter Diesel“, erläutert Schubert. Aufgeklärt werden konnte kein einziger Fall, und das obwohl die Polizei zwischen den Lkw ein Handy sicherstellen konnte. Der daraufhin ermittelte Eigentümer gab an, es sei ihm Tage zuvor gestohlen worden. Klar, dass solche Diebeszüge für das Unternehmen nicht nur materielle Folgen haben. Die Polizei samt Spurensicherung rückt an, Arbeitsausfall sei programmiert. Doch wegziehen aus der Industriestraße, wo sich am Wochenende Fuchs und Hase gute Nacht sagen, könne man schlecht. Hier steht immerhin die Recyclinganlage, mit der das Unternehmen Steine und Beton bricht. „Wir versuchen die Schäden insofern zu begrenzen, indem die Tankdeckel der Fahrzeuge unverschlossen bleiben“, sagt Schubert. Denn wären sie verschlossen, würden sie mit Gewalt geöffnet werden. Der Schaden wäre dann noch höher.