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„Corona bremst uns nicht aus“ Pension am Pollingpark lässt sich von der Pandemie nicht unterkriegen

Vor fünf Jahren starteten Vater und Tochter Zahn im Süden Dessaus ins Hotelgewerbe. Nach Bauhaus-Jubiläumsjahr folgte „der große Knall“.

16.04.2021, 10:01

Dessau - An den ersten Anruf kann sich Jessica Zahn noch gut erinnern. Er kam am 26. März von einer Dame, die ihre Familie besuchen wollte und eine Unterkunft benötigte. Drei Tage zuvor, am 23. März 2016, hatte die Pension am Pollingpark eröffnet.

Fast auf den Tag genau vier Jahre später, am 13. März vorigen Jahres, „kam über die Medien der große Knall“. Die Pandemielage wird ausgerufen. Und Zahn, Managerin der Pension, war fortan vor allem damit beschäftigt, Stornierungen zu bearbeiten. „Es war extrem“, sagt sie.

Von den Sommermonaten abgesehen sind nahezu die einzigen Gäste Monteure

Seither läuft der Pensionsbetrieb auf Sparflamme. Von den Sommermonaten abgesehen sind nahezu die einzigen Gäste Monteure. Trotzdem wirkt Jessica Zahn nicht deprimiert. „Auch Corona schaffte es nicht, uns auszubremsen. Wir freuen uns auf die nächsten 5 Jahre“, postete sie kürzlich auf Facebook.

Jessica Zahn ist gelernte Bürokauffrau, und dass sie Pensionswirtin wurde, ist eher einem Zufall geschuldet. Ihre Familie wohnt in der Tornauer Straße, ihr Vater Marko entwickelt Immobilien und schlug zu, als das heutige Pensionsgebäude zwangsversteigert wurde.

In dem befand sich eine Kneipe, die als „Schmales Handtuch“ einen gewissen, wenn auch nicht guten Ruf hatte. Zahn senior sitzt in Malerklamotten hinterm Empfangstresen und erinnert sich grinsend. Vier Essen habe es da gegeben: Bockwurst ohne Senf, Bockwurst mit Senf, Bockwurst mit Brot und Bockwurst mit Senf und Brot.

Zwölf Zimmer und sechs Appartements bietet die Pension am Pollingpark

Klar war, das Gebäude würde sich nur mit unmäßigen Aufwand für heutige Wohnansprüche umbauen lassen. Ihr Vater, Maler und Betriebswirt, und sie überlegten und rechneten. „Das können wir.“ Das Ergebnis: Eine Pension müsste funktionieren. Zwölf Zimmer, sechs Appartements. Schnell waren die Rollen geklärt. Der Vater würde den Posten des Geschäftsführers übernehmen, konnte als Handwerker zudem einen Teil der umfangreichen Sanierungsarbeiten selbst erledigen. Sie würde sich um das Alltagsgeschäft kümmern.

Nach der Eröffnung dauert es nur ein paar Monate, „dann ist alles explodiert“. Rasch werden Mitarbeiter eingestellt, heute sind es „vier Mädels und ein Hausmeister“. Auf Kurzarbeit zwar, „aber wir haben niemanden entlassen“.

2019, im Jahr des Bauhausjubiläums, brummt das Geschäft. Es wird zeitweise schwierig, in Dessau-Roßlau überhaupt Übernachtungsmöglichkeiten zu finden. 2020, so überlegte Zahn damals, würde weiter prima laufen. Denn viele hatten noch keine Möglichkeiten, das Bauhausmuseum zu besuchen.

Als im Sommer die Corona-Bestimmungen gelockert wurden, kamen auch viele Tagesgäste

Es kam anders. Zunächst nur noch wenige, sozusagen professionelle Gäste. Als im Sommer die Corona-Bestimmungen gelockert wurden, viele Tagesgäste, die mehr Aufwand erfordern. Dann wieder nur die Übernachtungsprofis. Und gleichzeitig stieg für jeden Gast der Aufwand. Selbstbedienungsbüffet war verboten, Frühstück muss seither am Platz serviert werden.

Dazu die Bürokratie, sich um Corona-Hilfen zu kümmern, die erst sehr schnell, dann zäher fließen. Und die neuesten sollen sich nach dem Umsatz vom Vorjahr berechnen. Wie, sagt Zahn, wisse man nicht, was da los war? Nein, das sei kein handwerklicher Fehler in der Verordnung, sondern „typisch Bundesrepublik“. Überhaupt hegt sie Zweifel, dass sich mit den Restriktionen für ihre Branche das Virus aufhalten lasse.

Dennoch wirken weder sie noch ihr Vater ernsthaft verdrossen. „Wir sind zum Glück wirtschaftlich gut aufgestellt.“ Vorm Eingang stehen ein paar Kartons mit der neuen Entkalkungsanlage, die nun eingebaut werden soll. Damit die Badarmaturen geschont werden, wenn dann der Betrieb wieder richtig anläuft. (mz/Thomas Steinberg)