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Medizin „Palliativ bedeutet nicht gleich sterben“ - Team des Städtischen Klinikums Dessau begleitet unheilbar Erkrankte

Es ist der Wunsch vieler unheilbar erkrankter Menschen, nicht im Krankenhaus, sondern in ihrem Zuhause zu sterben. Das Palliativteam des Städtischen Klinikums Dessau begleitet Patienten und hat ein großes Netzwerk an Hausärzten, Pflegediensten und anderen Partnern an seiner Seite. Manchmal kann es auch besondere Wünsche erfüllen.

Von Heidi Thiemann 22.04.2025, 18:00
Das ist das Team des Palliativzentrums des Städtischen Klinikums:  Oberärztin Inessa Paulenz (Medizinische Leitung Palliativzentrum), Nico Richter (Bereichsleiter Palliativzentrum) und ihre jeweiligen Stellvertreter  Oberärztin Dr.  Judith Pannier (vorn, v.l.n.r.) und Sebastian Max  (hinten).
Das ist das Team des Palliativzentrums des Städtischen Klinikums: Oberärztin Inessa Paulenz (Medizinische Leitung Palliativzentrum), Nico Richter (Bereichsleiter Palliativzentrum) und ihre jeweiligen Stellvertreter Oberärztin Dr. Judith Pannier (vorn, v.l.n.r.) und Sebastian Max (hinten). Foto: SKD

Dessau/MZ. - An die junge Frau mit Leukämie erinnert sich Oberärztin Inessa Paulenz, die unbedingt noch die Geburtstagsparty erleben wollte. Oder die 35 Jahre alte Mutter, die noch einmal ihre Kinder sehen wollte. Oder da war ein von seiner Krankheit schon schwer gezeichneter Familienvater, der sich mit seinen Lieben unbedingt nach Tropical Island sehnte. „Mit dem Wünschewagen des Arbeitersamariterbundes Magdeburg konnte ihm der Wunsch erfüllt werden“, sagt Nico Richter. Und da war eine Patientin, die gerne nochmal die Ostsee sehen wollte. Alles war vorbereitet, doch die Frau sagte am Tag zuvor ab. Sie war schon zu schwach.

Über 500 Frauen und Männer in Dessau-Roßlau, Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg betreut

Seit nunmehr neun Jahren gibt es in Dessau das Palliativzentrum am MVZ des Städtischen Klinikums. Inessa Paulenz ist medizinische Leiterin, ihre Stellvertreterin ist Oberärztin Dr. Judith Pannier. Nico Richter leitet den Bereich, Sebastian Max ist sein Stellvertreter.

Gemeinsam betreut das Team Patienten ab 18 Jahre, die unheilbar erkrankt sind, in ihrer letzten Lebensphase. Mehr als 500 Frauen und Männer aus der Dessau-Roßlau, dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld, dem Landkreis Wittenberg und dem Wittenberger Umland haben sie seitdem auf ihrem letzten Weg begleitet, mitunter konnten sie auch helfen, ganz spezielle Wünsche zu erfüllen.

Warum die Mitarbeiter von „sprechender Medizin“ reden

Sterben, sagt Nico Richter, „ist ein normaler Prozess“. Viele wollen ihre letzte Lebenszeit zu Hause, nicht im Krankenhaus verbringen. „Wir sind vorausschauend da für die Patienten“, sagt er und charakterisiert die Arbeit vor allem als „sprechende Medizin“. Therapien, die den Menschen helfen könnten, die Krankheit zu besiegen, gibt es nicht mehr, doch es ist wichtig, ihnen zu helfen.

Die Ärzte und Mitarbeiter sprechen mit den Menschen, helfen ihnen, die letzte Lebenszeit in Würde zu verbringen. Doch sie wissen auch, es ist nicht einfach über das Thema des bevorstehenden Abschieds zu reden.

Oft würden Patienten denken, dass „palliativ gleich sterben bedeutet. Nein“, sagt Oberärztin Paulenz. „Manchmal begleiten wir die Menschen monatelang.“ Oftmals kennt das Team die Patienten schon von der Station im Städtischen Klinikum. „Je eher die Menschen zu uns kommen, umso besser können wir sie begleiten“, sagt Paulenz. Der Vorteil in Dessau sei, dass sich die onkologische Ambulanz und das Palliativzentrum unter einem Dach befinden.

Sehr enge Zusammenarbeit mit Hausärzten, Pflegediensten, dem Anhalt-Hospiz und anderen

Das Palliativteam kann auf ein breites Netzwerk zurückgreifen – zum einen sind da die verschiedenen Fachbereiche im Klinikum mit denen eng zusammengearbeitet werde. Zum anderen gibt es Partner über die Grenzen des Klinikums hinaus, ohne die eine gute Versorgung der Patienten nicht möglich wäre.

Besonders im ambulanten Bereich sei es wichtig, auf kurzem Weg den Kontakt zu Ärzten herzustellen, eng mit Pflegediensten zusammenzuarbeiten, mit Apotheken und Krankenkassen. Es werde aber auch Kontakt mit Ämtern der Stadtverwaltung, mit Psychologen oder der Krankenhausseelsorge gehalten.

Oberärztin Paulenz und Nico Richter heben insbesondere die Zusammenarbeit mit den Hausärzten und die Kooperation mit dem Anhalt-Hospiz hervor. „Wenn die Betreuung der Patienten zu Hause nicht mehr möglich ist, dann gibt es auch andere Möglichkeiten“, verweist Richter.

Auch mit Pflegeheimen arbeitet das Team eng zusammen. So gibt es für Betroffene einen Palliativpass – der gibt in Krisensituationen eine schnelle Orientierung. Hintergrund ist auch, dass die Patienten in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können und nicht ins Krankenhaus müssen.

Das Team steht rund um die Uhr zur Hilfe bereit

„Die Schicksale der Menschen“, gesteht Nico Richter, „gehen mir ans Herz. Aber nicht rein.“ Doch mitunter, gesteht er, hadert er auch. Denn täglich mit dem Schicksal unheilbar erkrankter Menschen konfrontiert zu sein, ist nicht einfach. „Doch wir machen unsere Arbeit mit Leidenschaft.“ „Ohne Berufung kann man das nicht machen“, sagt Oberärztin Inessa Paulenz. Gegenseitig gebe sich das vierköpfige Team Kraft für diese Arbeit.

Und die Berufung gilt 24/7 – also rund um die Uhr. Egal, ob Wochentag, Wochenende oder Feiertag wie jetzt zu Ostern, das Palliativteam ist da.