Oranienbaumer Heide Oranienbaumer Heide: Zu viele Wanderer im Sperrgebiet
Dessau/Sollnitz/MZ. - Ende März hatte die MZ getitelt "Hereinspaziert in die Heide". Damals wurden die Hauptwege in der bislang für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Oranienbaumer Heide durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Hochschule Anhalt und von Vertretern umliegender Gemeinden freigegeben. Was der Öffentlichkeit endlich einmal einen Blick auf die vierbeinigen robusten Landschaftspfleger - Heckrinder und Konikpferde - ermöglicht hatte. Viele Neugierige kamen. Der Trend, so beobachtet der Förster des Landesforstbetriebes Anhalt, halte bis heute ungebrochen an.
Auch Förster Szymczak findet das Heideprojekt der Deutschen Bundesstiftung Anhalt und der Hochschule Anhalt eigentlich gut. Doch manche Besucher haben den Slogan von der freien Heide zu wörtlich genommen. Scymczak trifft nicht selten die Menschen an jenen Stellen im Wald an, die gefährlich sein können.
Der Munitionsbergungsdienst hatte im Vorfeld ein rund 13 Kilometer langes Wegenetz für die öffentliche Nutzung freigegeben, aber nicht die komplette Heide. Und Waldwege, sagt Szymczak gibt es in der Heide Dutzende. Was fehle, sei ein Leitsystem. Man könne es den Menschen nicht einmal übelnehmen, wenn sie sich auf Abwegen befinden. Schlimmer sei, dass sie sich damit in nicht abschätzbare Gefahren begeben.
Weshalb die Heide vermutlich über weitere viele Jahrzehnte Sperrgebiet bleiben wird, ist aus Sicht der Dessau-Roßlauer Stadtverwaltung durchaus nachvollziehbar. "Niemand hat das Geld, die Altlasten, die in dem Areal vermutet werden, zu bergen. Man müsste den gesamten Wald umgraben, schätzt Dirk Hofmeister, Sachbearbeiter für Waffen- und Sprengstoffrecht, den Aufwand, der vom Land nicht finanziert werden kann. So ist der komplette Dessau-Roßlauer Teil der Oranienbaumer Heide für die Öffentlichkeit noch immer gesperrt und damit auch ein Waldweg zwischen Sollnitz und Möhlau, den der Munitionsbergungsdienst ursprünglich mit beräumen wollte, der aber laut Kampfmittelexperten aufgrund der örtlichen Gegebenheiten - einer Aufschüttung mit Baurecycling - nicht überprüft werden konnte.
Über viele Jahrzehnte war die 4 067 Hektar große Heide - rund ein Viertel befindet sich innerhalb der Dessau-Roßlauer Stadtgrenze - militärisch genutzt worden, erinnert Hofmeister an Wehrmacht und sowjetische Truppen, die das Areal vor und nach dem Zweiten Weltkrieg als Truppenübungsplatz verwendeten. Die Heide verfügt über eine Sprengstelle, einen Panzerschießplatz, Handgranatenwurfstand. Niemand weiß, wie viel Munition bzw. wie viele Munitionsteile sich heutzutage dort noch befinden. Deshalb zählt der größte Teil des Areals zum Sperrgebiet, verweist Hofmeister auf die Regelungen der Kampfmittelgefahrenabwehrverordnung. Danach ist es unter anderem verboten, Flächen, auf denen Kampfmittel entdeckt worden sind und auch dort weiterhin lagern, zu betreten.
Mit Schildern sei das Dessauer Areal der Heide, das sich zwischen dem Schwarzen Stamm bei Kleutsch über Sollnitz bis nach Möhlau im Landkreis Wittenberg an der Stadtgrenze entlang erstreckt, einst ausgestattet gewesen, weiß der Vertreter der Stadtverwaltung und weist auf die Hinweispflicht des Eigentümers hin. Das ist in diesem Fall das Land.
Ein Hinweisschild habe eine durchschnittliche Lebensdauer von 14 Tagen, sagt Förster Szymczak aus Erfahrung und mahnt, auf Sicherheit zu pochen. Abgesehen von einigen beratungsresistenten Personen seien auch viele Menschen "dankbar für die Hinweise, die wir geben". Was auf lange Sicht nicht reichen werde. "Die Menschen brauchen einen Wegweiser, damit sie wissen, welche Wege für sie weiterhin aus Sicherheitsgründen tabu bleiben müssen." Der allerdings fehle noch. Er müsste eigentlich an der B 185 zwischen Dessau und Oranienbaum aufgestellt werden, just dort, wo es zu den Weiden der Heckrinder geht, die derzeit magischer Anziehungspunkt sind.